Mieter fordern Kehrtwende der LEG

Vor der Hauptversammlung der LEG Immobilien AG (Mi. 17. Mai 2017 in Düsseldorf) haben der Deutscher Mieterbund NRW und Mieterinitiativen auf einer Pressekonferenz in Gelsenkirchen-Hassel auf die umstrittenen Geschäftspraktiken des drittgrößten Vermietungskonzerns in Deutschland aufmerksam gemacht. Die Steigerung der operativen Gewinne der LEG beruht nach Ansicht der Mieterorganisationen vor allem auf überdurchschnittlichen, rechtlich häufig umstrittenen Mieterhöhungen sowie auf Einsparungen, die zu Lasten der Instandhaltung und des Mieterservices gehen. Um die Rechte der MieterInnen und die Substanz der fast 130.000 Wohnungen zu schützen, sei eine soziale und nachhaltige „Kehrtwende“ der LEG-Geschäftspolitik erforderlich.

Mietpreistreiber Nummer 1

Nach LEG-Angaben ist die Miete in ihrem frei finanzierten Wohnungsbestand im Jahr 2016 um 3,4 Prozent gestiegen, ein Wert der deutlich über dem Bundes-Durchschnitt liegt. „Das Gewinnwachstum der LEG geht immer mehr zu Lasten der Mieter“, wirft Knut Unger, Sprecher des MieterInnenvereins Witten und der Plattform kritischer ImmobilienaktionärInnen der LEG vor. Das Unternehmen sei in manchen Städten zum „Mietpreistreiber Nummer 1“ geworden.

In Witten und anderen Städten verlange die LEG seit Jahren Zustimmungen zu Mieterhöhungen, die über der ortsüblichen Vergleichsmiete lägen. Seit der Wittener Mietspiegel ausgelaufen sei, begründe die LEG ihre Mieterhöhungsverlangen mit drei besonders teuren Vergleichswohnungen aus dem eigenen Wohnungsbestand. Häufig seien diese Wohnungen wegen vorgenommener Modernisierungen nicht vergleichbar, fast immer seien die verlangten Miethöhen überzogen. Auf Einwendungen des Mietervereins gehe die LEG nicht ein, auf Verhandlungsangebote reagiere sie nicht. Klagen auf Zustimmungen würden angedroht, gegen Mitglieder des Mietervereins aber fast nie umgesetzt. Statt Gerichtsurteile abzuwerten, versuche es die LEG nach wenigen Monaten bei den gleichen Mietern mit der gleiche Methode noch einmal. „Zermürbungstaktik“, nennt Unger das: „Die LEG rechnet damit, dass ein Großteil der Mieter der Erhöhung aus Überdruss, Unkenntnis oder Angst vor möglichen Gerichtskosten früher oder später zustimmt. Dazu benötigt sie lediglich ihre automatisierten Erhöhungs- und Erinnerungsschreiben. Auch wenn nur ein Teil der Mieter zustimmt, ist das leicht verdientes Geld.“

In Gelsenkirchen geht die LEG nach der gleichen Methode vor. Im Stadtteil Hassel wurden bei Mieterhöhungen nachweislich Vergleichswohnungen benannt, die modernisiert waren. „Die Mieter hier sind sehr irritiert über das Geschäftsgebaren der LEG“, sagt Karl Heinz Schempershauwe von der Hasseler Mieterinitiative HAMI. „Sie hoffen auf ein politisches Einschreiten.“

„Großvermieter wie die LEG sollten ihre Mieterhöhungen nicht mit Vergleichswohnungen begründen dürfen“, meint dazu Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Deutschen Mieterbundes NRW. „Der Mietspiegel sollte für sie das einzige zulässige Mittel zur Begründung einer Mieterhöhung sein. Dazu brauchen wir in möglichst allen Städten qualifizierte Mietspiegel.“

Instandsetzungsmodernisierung

„Die Aufwendungen der LEG für die Instandhaltungen bewegen sich seit Jahren in einem Bereich um die acht Euro pro Quadratmeter und Jahr“, beklagt Unger. „Da die LEG in den letzten Jahren viele erneuerungsbedürftige Wohnungsbestände von anderen Wohnungsunternehmen hinzu gekauft hat, ist das ein sehr schlechter Wert“. Inzwischen versucht die LEG nach seiner Beobachtung verstärkt, ihre Wohnungen zu verbessern, dafür aber die Mieter bezahlen zu lassen. „Instandsetzungsmodernisierung“ nennt er das. Im Unterschied zu Instandsetzungen könne die LEG bei Modernisierungen 11 % der Kosten auf Dauer auf die Jahresmiete aufschlagen.

„Angesichts von Zinsen von vielleicht 2 Prozent bedeutet das eine gewaltige Gewinnmarge“, betont der Hans-Jochem Witzke. „Außerdem verstecken sich in den Modernisierungen nicht umlagefähige Instandhaltungen, was für den Laien schwer zu unterscheiden ist.“ Wenn die LEG ihre Ankündigung wahr mache und wesentlich mehr Modernisierungen umsetze, drohe eine zusätzliche Mieterhöhungswelle. „Hier muss der Bundesgesetzgeber dringend handeln.“
Katastrophaler Mieterservice

Den gestiegenen Mieten stehen nach Beobachtung der Mieter keineswegs verbesserte Leistungen des Vermieters gegenüber. Ganz im Gegenteil. Seit die LEG im letzten Jahr eine zentrale „Hotline“ für alle Mieter eingerichtet hat, ist es schwer bis unmöglich geworden, den Vermieter zu erreichen. „Manche Mieter stehen um fünf Uhr morgens auf, um den Vermieter zu erreichen. Denn dann stehen die Chancen besser, nicht in einer endlosen Warteschleife zu landen“, berichtet Unger aus Witten. „Das führt zu besonders dramatischen Konsequenzen wenn Heizungen ausfallen, wie es in den letzten Monaten häufiger der Fall war. Alte Leute waren stellenweise mehrere Wochen ohne Heizung.“

Auch einfache Reparaturen, die von der LEG zugesagt waren, können sich nach Erfahrung der Mieter über Monate verzögern. Bei Problemen mit Nachbarn, die den Flur nicht putzen oder Lärm schlagen, sei es häufig unmöglich, einen zuständigen Ansprechpartner bei der LEG zu erreichen. „Inzwischen gibt es auch verzweifelte Neumieter der LEG, die vergeblich versuchen, die Wohnungsverwaltung an Zusagen, zum Beispiel zur Überlassung eines Kellerraums zu bewegen“, berichtet Unger.

„Der Vermieter LEG ist ein anonymer Konzern ohne Gesicht“, stellt Rita Zachraj vom Mieterbeirat Barkenberg fest. Seit mehreren Jahren hält sie Nachforderungen aus undurchsichtigen Betriebskostenabrechnungen zurück, vor allem hohe Kosten für die Verbrauchserfassung des Mülls. „Die Abrechnungen werden von der LEG häufig ohne Kenntnis der lokalen Verhältnisse erstellt“, betätigt Unger. Das führe zum Beispiel dazu, dass eklatante Fehler in den Wasser- oder Müllabrechnungen nicht bemerkt würden. Für Hausmeister oder „Müllmanager“ würden zwar Gebühren berechnet, zu Gesicht bekomme man diese Dienstleister an manchen Standorten aber so gut wie nie.

So nachlässig die LEG bei ihrem Service ist, so „konsequent“ ist sie bei der Eintreibung von Mietrückständen. Wenn Mieter oder Mietervereine Einwendungen gegen Nebenkostenabrechnungen einlegen und Nachforderungen zurückbehalten, löst das häufig Mahnschreiben der LEG aus. „So werden die Mieter unter Druck gesetzt“, sagt Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des DMB NRW. Generell sei die Kommunikation mit den Mietern stark verbesserungswürdig.

Die wiederholte Versendung unbegründeter Zahlungserinnerungen kann sich trotz Widerspruchs über Monate hinziehen. Eine Folge: Auch berechtigte Mahnungen werden nicht mehr ernst genommen, zumal die Schreiben der LEG meist nicht den Grund für den Zahlungsrückstand erkennen lassen.

Sind hohe Wert-Erwartungen noch gerechtfertigt?

Nach LEG-Angaben konnte der operative Gewinn (FFO I) 2016 im Vorjahresvergleich um 30,2 Prozent gesteigert werden. Die Dividendenauszahlung soll pro Aktie von 2,26 Euro auf 2,76 Euro erhöht werden. Nach Meinung von Unger ist die Auszahlung der Dividende nicht gerechtfertigt. „Die positiven Konzernergebnisse der LEG werden seit Jahren im Wesentlichen durch die regelmäßigen Steigerung des Zeitwertes des Immobilienbestandes erreicht. In diesen Werten drücken sich Erwartungen auf kontinuierlich steigende Mieten, begrenzte Kosten und niedrige Zinsen aus. Angesichts der auf manchen NRW-Märkten bereits überreizten Miethöhen und angesichts des schlechten Services kann in Frage gestellt werden, ob diese Erwartungen gerechtfertigt sind. Das LEG Aktionsbündnis fordert die LEG auf, auf reale Werte zu setzen. Und das sind vor allem zufriedene und finanziell nicht überlastete Mieter.“

Konkrete Forderungen haben die Mieter in einem Forderungskatalog zusammengefasst, der dem LEG Vorstand in der letzten Woche zuging.