Deutsche Wohnen hat kein Konzept für die Übernahme durch Vonovia

Pressemitteilung nach der Hauptversammlung der Deutsche Wohnen SE am 1. Juni 2021

Nach der heutigen Hauptversammlung der Deutschen Wohnen SE bezweifeln die Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen und der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, dass der Vorstand der Deutschen Wohnen SE über ein Konzept für die Absicherung der MieterInnen und Beschäftigten bei der geplanten Übernahme durch die Vonovia SE verfügt.

Laut den Antworten des Vorstandvorsitzenden Michael Zahn auf die Fragen der Kritischen AktionärInnen hatten die Fusionsgespräche mit der Vonovia SE erst wenige Tage vor der Verkündung des Übernahmeangebotes am 24. Mai begonnen. Eine ausreichende Prüfung der Folgen und Risiken für die Stakeholder ist in so kurzer Zeit nicht möglich.

Zahn verweigerte jede Antwort auf die Frage, wie sich die höhere Dividendenausschüttung  (70% statt 65 % der FFO1) der Vonovia auf die Bewirtschaftung der jetzigen Wohnungen der  Deutsche Wohnen auswirken würde. Auch Fragen nach den Auswirkungen der Übernahme der umstrittenen Abrechnungsmethoden der Vonovia ließ Zahn unbeantwortet. Sollte die Übernahme der Mehrheitsanteile der Aktien zustande kommen, ist auch noch völlig unklar, wie die Geschäftsbereiche der Deutsche Wohnen in den Vonovia-Konzern integriert werden.

Die von der Vonovia geschätzte Höhe der möglichen Synergien einer Fusion (über 100 Mio.  €) hat die Deutsche Wohnen nicht geprüft. Zahn hält die Höhe lediglich für „nicht unplausibel“.

„Offenbar ist bei dieser ‚Fusion‘ die Deutsche Wohnen die Gejagte. Und die MieterInnen und  Beschäftigten sind noch ein Stein in diesem Monopoly-Spiel“, kommentier Knut Unger von  der Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen. „Das Kaufangebot mag angesichts des Aufschlags auf den früheren Aktienkurs für die Anteilseigner attraktiv sein. Auf die MieterInnen kommt ein erhöhter Renditedruck zu, ihr bisheriger Vermieter kümmert sich  einen feuchten Kehricht um ihre Absicherung.“ Der Regierende Bürgermeister von Berlin müsse sich die Frage gefallen lasse, warum es diesen für die Mieter riskanten Deal so positiv begleite. Die am 25. Mai veröffentlichen Zusagen der Konzerne seien überwiegend wertlos.  „Wie Zahn heute erklärt hat, betrugen die regulären Mieterhöhngen in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr als 1%, so dass die Beschränkung der Mieterhöhungen nur sehr begrenzte Auswirkungen haben dürften“, erklärt Unger.

Von den 20.000 Wohnungen, die den landeseigenen Wohnungsunternehmen zu einem hohen Verkehrswert angeboten werden sollen, stammen nach Aussagen von Zahn nur 12.000 Wohnungen aus dem Bestand der Deutsche Wohnen. Sie sind allesamt nicht Bestandteil des strategischen Portfolios, sollten also ohnehin verkauft werden. Für den Bau
der zugesagten neuen Wohnungen in Berlin hat die Deutsche Wohnen etwa 4000 Einheiten in Planung. Sie sollen komplett auf Grundstücken errichtet werden, die dem Konzern schon jetzt gehören, zumeist durch Nachverdichtung.

Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands, macht sich wegen der Folgen der  Fusion Sorgen: „Nach der Übernahme der Deutsche Wohnen durch die Vonovia wird ein Wohnungsgigant entstehen, der mit seiner Marktmacht noch mehr Druck auf Mieter*innen  und die Politik ausüben kann.“

Eine Kostprobe, wo diese Marktmacht zur Geltung kommen soll, lieferte der Deutsche-Wohnen-Chef gleich mit: „Wir müssen Antworten finden im
Hinblick auf die fortlaufende Regulierung, die wir auch in Zukunft erwarten dürfen“, so Zahn.Als Beispiel nannte er die Umlage der CO2-Steuer, die künftig auch von Vermietern mitgetragen werden soll.

Mit einem anderen Statement lieferte Zahn eine Rechtfertigung für die Existenz der Initiative  Deutsche Wohnen & Co. enteignen: „Die Enteignungskampagne hat deutlich gemacht, wo der Schuh drückt“, so der Vorstandsvorsitzende.