LEG: Noch mehr Wachstum auf Kosten der Mieter
Kommentar des Aktionsbündnisses der LEG-Mieter zum LEG-Geschäftsbericht 2016
Wie bereits in den Jahren zuvor, feiert die LEG Immobilien AG in ihrem heute veröffentlichten Geschäftsbericht ihr Wachstum. Es ist ein Wachstum im mehrfacher Hinsicht: viel mehr Wohnungen, viel höhere Gewinne, stärkere Investitionen, höhere Dividenden, – und: steigende Mieten bei schlechterem Service.
Im Jahr 2016 stiegen die Mieten der LEG im Durchschnitt um 2,5 %. Bei den freifanzierten Wohnungen waren es gar 3,4 %. Im Bundesdurchschnitt aller Mieten dagegen betrug die Steigerung lediglich 1,3 %. Die LEG hat damit ihr Ziel der Durchsetzung von Mieterhöhungen „ oberhalb des Marktdurchschnitts“ (Webseite) wieder einmal erreicht. Die überdurchschnittlichen Mietsteigerungen erzielt die LEG durch mehrere Methoden:
– Mieterhöhungen bis zur Kappungsgrenze nach Auslaufen der Sozialbindung;
– massenhafte Mieterhöhungen über die Vergleichsmiete hinaus durch rechtswidrige Berufung auf den Oberwert der Mietspiegelspanne oder durch Begründung der Mieterhöhung mit drei besonders teuren Vergleichswohnungen aus dem eigenen Wohnungsbestand;
– Erzielung hoher Mieten bei Abschluss neuer Verträge (diese Mieten dienen dann oft als Vergleichsmieten für Mieterhöhungen im Bestand);
– Modernisierungen, deren Kosten trotz niedrigster Zinsen zu 11 % pro Jahr auf die Mieter umgelegt werden dürfen. Diese Methode will die LEG in Zukunft ausbauen.
Im Jahr 2016 ist der Wohnungsbestand der LEG Immobilien AG durch Zukäufe um 18 Prozent auf 128.488 Wohneinheiten gewachsen. Das Personal freilich, das die Wohnungen betreuen soll, ist überhaupt nicht im gleichen Maße verstärkt worden. Die Zahl der Beschäftigten wuchs gerade mal von 970 auf 990, also um 2 Prozent. Die LEG ist hier dem Branchenführer Annington/Vonovia nachgeeifert und hat ihre Betriebsabläufe radikal umgebaut, um einen verringerten Personalschlüssels zu erreichen. Die Folgen spüren die MieterInnen jeden Tag:
– Die Präsenz von AnsprechpartnerInnen (z.B. Hausmeister) der MieterInnen im Wohnquartier wurde abgebaut. Beschwerden aller Art landen im Leeren. Trotzdem sollen die MieterInnen für „Hausmeister“ bezahlen.
– Nach Einführung einer zentralen Kontaktnummer ist es zu starken Verschlechterungen der Erreichbarkeit gekommen.
– Schadensmeldungen werden immer öfter verschleppt, Reparaturen verzögern sich endlos. Nach Heizungsausfällen im Winter froren manche Mieter wochenlang.
– Mieterhöhungsverlangen werden ohne Kenntnis der lokalen Marktsituation, der Wohnungsbeschaffenheit, der Vergleichbarkeit verschickt.
– Betriebskostenabrechnungen werden ohne Berücksichtigung der mietvertraglichen Vereinbarungen und der lokalen Gegebenheiten (z.B. Standort der Mülltonnen) verschickt. Auf Einwendungen wird nicht oder sehr spät reagiert.
– Bei der Neuvermietung werden Versprechungen und Zusagen gemacht (Mieterin: „Es geht zu wie auf dem Basar.“), dann aber häufig nicht eingehalten.
Die LEG hat die Aufwendungen für Instandhaltung und Modernisierung im Jahr 2016 von 7,99 €/qm auf 8,77 €/qm gesteigert. Etwas stärker gestiegen sind die Modernisierungsinvestitionen, nämlich von 8,57 €/qm auf 9,45 €/qm. Die LEG plant eine Investitionsprogramm von 200 Mio. €. Sie will damit die Bestandsinvestitionen von 18,20 €/qm auf 24 €/qm bis 29 €/qm im Jahr anheben, also in den Bereich vorstoßen, in dem sich die Vonovia schon bewegt.
– Die Instandsetzungsaufwendungen liegen trotzdem viel zu niedrig, vor allem wenn man bedenkt, dass zum Teil instandsetzungsbedürftige Wohnungsbestände aufgekauft wurden.
– Ein Teil der Instandhaltungskosten dürfte auf die Erhöhung der Modernisierungen zurückzuführen sein. Denn in denen ist immer ein Instandhaltungsanteil enthalten. Nach Meinung von Mieterschützern ist dieser Anteil meist zu gering.
– Da es bei dem „Investitionsprogramm“ ganz überwiegend um Modernisierungsinvestitionen gehen wird, müssen sich die Mieter auf starke Mieterhöhungen gefasst machen.
Nicht nur mit der Ausweitung des Modernisierungen folgt die LEG dem Pfad der Vonovia. Wie diese ist sie dabei, das Geschäft mit „Dienstleistungen rund ums Wohnen“ auszuweiten und wichtige Tätigkeiten in den Konzern einzugliedern.
– Durch den „Ausbau von Dienstleistungen“ im Multimedia-Bereich und der Energieversorgung will die LEG auch aus den Nebenkosten Gewinne erzielen.
– Mit Hilfe der eigenen Handwerkerorganisationen kann die LEG mit standardisierten Verfahren, billigen Einkäufen und eventuell ohne Mehrwertsteuer ihre Instandsetzungen günstig durchführen. Der nächste Schritt wäre die Durchführung von Modernisierungen, die trotz der geringeren Kosten intern nach Markpreisen verrechnet, und gewinnbringend auf die Mieter abgewälzt werden.
– Mit dem neuen Joint Venture für Handwerksdienstleistungen „TechnikServicePlus“ kommt es zu einer Verflechtung mit dem großen Bruder Vonovia. Der zweite Gesellschafter, die B&O Service und Messtechnik AG, die neben der LEG, ist auch Anteilseigner der TGS, der Handwerkerorganisation der Vonovia. Hier stellt sich die Frage, ob es zu einer Trustbildung zum Nachteil des Wettbewerbs kommt und mit späteren Preisabsprachen kommen kann.
All diese Maßnahmen zu Lasten der Mieter erklären aber für sich allein aber nicht die Höhe des bilanziellen Gewinns der LEG. Denn während das Ergebnis aus der Vermietung um 23 Mio. € gestiegen ist, erhöhte sich der Gewinn um satte 308 Mio. € auf 565 Mio. €. Die aufgrund von Umschuldungen verringerte Zinsbelastungen um 4,3 Mio. € spielt fast gar keine Rolle. Was dann?
Die erstaunliche Gewinnsteigerung beruht im Wesentlichen auf über 616 Mio. Euro Wertberichtigungen der Immobilien. Das ist bei der LEG bislang ein absoluter Spitzenwert. Ohne diese fiktiven Erträge wäre die LEG im Minus.
Trotzdem soll die Dividendenauszahlung um 22,1 % auf 1,76 €/Aktie erhöht werden. Da hier richtig Cash fließen muss, geht das nicht aus der fiktiven Wertsteigerung in der Bilanz. Es werden 200 Mio. Euro aus der Kapitalrücklage entnommen.
Auch für die Kapitalanleger geht das nur so lange gut, wie die LEG mit immer weiterem gewinnträchtigem Wachstum zusätzliches Kapital anlocken kann. Und das bedeutet: steigende Mieten und weggesparter Service auf Dauer, – im Zweifel auch bis zum bitteren Ende.