Pressemitteilung zur LEG-Hauptversammlung 2019

LEG-MieterInnen dürfen keine Spekulationsmasse sein!

Zwei Tage vor der Hauptversammlung der LEG-Immobilien AG am 29. Mai in Düsseldorf hat ein Aktionsbündnis aus Mieterinitiativen, Mietervereinen und kritischen AktionärInnen den Wohnungskonzern scharf kritisiert. Um ihren Aktionären eine überzogene Dividende ausschütten zu können, treibe die LEG systematisch die Mieten nach oben. Die Wohnungsverwaltung werde zunehmend automatisiert und sei mit der Behebung von Schäden und der Lösung lokaler Probleme überfordert. Obendrein beginne die LEG jetzt auch noch, Wohnungsbestände, die nicht genug Rendite bringen auf dem Finanzmarkt zu verramschen.

In Dorsten-Wulfen-Barkenberg will die LEG 1197 ehemalige Sozialwohnungen an einen geheim gehaltenen Investor veräußern. Mieterbeirat und die Stadt Dorsten befürchten, dass dieser noch kurzsichtiger agieren wird als die LEG. Auf den ohnehin strukturell schwachen Stadtteil kommen harte Zeiten zu. Rita Zachraj vom Mieterbeirat LEG Barkenberg sagt: „Wir Mieter haben Angst vor einer neuen Heuschrecke, denn besser kann es dann nicht werden.“ Gemeinsam mit der örtlichen Linken, SPD und Grünen fordert der Mieterbeirat eine Rückübereignung an die öffentliche Hand. Aber noch hat die LEG nicht einmal mitgeteilt, an wen und unter welchen Bedingungen sie verkaufen will.

 

Während der Konzern benachteiligte Standorte abstößt, baut er anderswo teure neue Wohnungen. Im Jahr 2018 wurden 51 freifinanzierte Neubauwohnungen in einer autofreien Siedlung in Münster fertig gestellt. In den nächsten Jahren sollen weiter 1000 Wohnungen im gehobenen Segment neu entstehen. Um hohe Grundstückkosten zu vermeiden, soll dies auf Grundstücken geschehen, die der LEG schon gehören. „Nachverdichtungen“ kündigte die LEG in ihrem Geschäftsbericht für 2018 an. Wie der zukünftige LEG-Vorstandsvorsitzende Lars von Lackum im März 2019 erklärte, sollen für die neuen Wohnungen Mietpreise von 12,50 Euro pro Quadratmeter erzielt werden. Das liegt weit über den Mieten im öffentlich geförderten Wohnungsbau und den Bestandsmieten der LEG (2018: 5,67 €/m²).

Pressekonferenz zur LEG, Landtag 17.5.2019

Für die Plattform kritischer Immobilien-AktionärInnen sind diese Vorgehensweisen Folge des auf hohe Dividenden orientierten Geschäftsmodells der LEG. Die vom LEG-Vorstand vorgeschlagene Dividendenausschüttung wird die Mieteinnahmen des Jahres 2018 zu 40 Prozent belasten. Um die Ausschüttung zu erwirtschaften, müsse die LEG ständig die Mieten erhöhen, die Bewirtschaftungskosten senken und unrentabel erscheinende Wohnungsbestände abstoßen. All dies gehe zu Lasten der MieterInnen und der sozialen Wohnraumversorgung in NRW.

Nach wie vor komme es zu langen Verzögerungen bei der Reparatur von Schäden, was sich zum Beispiel beim Ausfall veralteter Heizungsanlagen im letzten Winter gezeigt habe. Anstatt veraltete Gebäude instand zu setzen, führe die LEG „Modernisierungen“ durch, bei denen die Kosten auf die Mieter abgewälzt und hohe Mieten- und Gewinnsprünge durchgesetzt werden. Die Modernisierungsinvestitionen der LEG stiegen 2018 auf 176,9 Mio. Euro, das sind 20,64 Euro pro Quadratmeter. Dagegen betrugen die laufenden Aufwendungen für die Instandhaltung, die nicht zu Mieterhöhungen führen, nur unterdurchschnittliche 8,61 pro Quadratmeter.

Wie der MieterInnenverein Witten berichtet, führen aktuelle Modernisierungsmaßnahmen der LEG zu Miethöhungen von bis zu 40 %. Durch die Baumaßnahmen werden bisherige MieterInnen aus ihren Quartieren gedrängt. Offenbar erwarte die LEG höhere Einnahmen bei Wiedervermietung.

Das Vorgehen der LEG bei Modernisierung ist nach Ansicht des MieterInnenvereins auch rechtlich zweifelhaft. Die LEG teile bei energetischen Maßnahmen nicht mit, wie hoch die voraussichtliche Heizkostenersparnis sein soll. Sie lege keine Bewertungen des Ausgangszustandes der Gebäude vor. In ihren Mietererhöhungsabrechnung verstecke sie zum Beispiel Kosten für Asbestsanierungen und Schönheitsreparaturen.

Bei den Modernisierungen zeige sich auch, dass die LEG zunehmend unfähig sei, auf die Besonderheiten der Gebäude und die Wünsche der MieterInnen einzugehen. MieterInnen, die Einwände wegen wirtschaftlicher Härte eingelegten, erhielten zum Teil schikanöse Antworten.

Die LEG entdecke außerdem Betriebskosten als zusätzliche Gewinnquelle. Konzerninterne Tochterunternehmen wie die EnergieServicePlus GmbH (Heizkosten) und die WohnServicePlus GmbH (Kabel) haben 2018 bereits ein operatives Ergebnis von 16 Mio. Euro erzielt. Obwohl die MieterInnen ihre angeblichen Hauswarte kaum kennen, würden alljährlich Kosten dafür abgerechnet.  Belegt würden die Kosten mit Verträgen, die sie die LEG sich selbst geschrieben habe.

In Münster mit seinen 6000 LEG-Wohnungen bekommen die MieterInnen keine Hauswarte zu Gesicht und können die auch nicht mehr erreichen. Trotzdem werden die Hauswarte mit erheblichen zweistelligen Beträgen pro Wohnung in den jährlichen Nebenkosten veranschlagt. Wie dünn die Argumentation der LEG für die Umlage dieser Kosten auf die Mieterschaft ist, wurde in abgeschlossenen Gerichtsverfahren in Münster deutlich. Die LEG legte erst gar keine Unterlagen in Sachen Hauswart vor und kassierte das Urteil mit der Erstattung der Hauswartkosten an den klagenden Mieter. Insgesamt betragen die Hauswartkosten allein für Münster hochgerechnet fast 410 000 Euro pro Jahr.

„Die LEG-MieterInnen sind keine Rendite-Legehennen und auch keine Spekulationsmasse“, erklärt Knut Unger vom MieterInnenverein Witten für das Aktionsbündnis: „Die LEG muss ihre Dividendenausschüttung radikal kürzen. Die Einnahmen werden dringend benötigt, um in Instandsetzungen ohne Mieterhöhungen und in den Wiederaufbau einer vor Ort präsenten persönlich erreichbaren Wohnungsverwaltung zu investieren. Wenn Siedlungsbestände verkauft werden, dann darf das nur an die öffentliche Hand geschehen, und zwar zu den Anschaffungswerten.“

Da nicht absehbar sei, dass die LEG ihr aus MieterInnen-Sicht verfehltes Geschäftsmodell von sich aus abändere, sei die Politik gefragt. „Das Land NRW muss eine Wohnungswirtschaftsgesetzgebung schaffen, die den Missbrauch des Eigentums durch LEG & Co. zu Lasten der Mieterschaft wirksam unterbindet. Diese Gesetzgebung muss auch die Enteignung und Vergesellschaftung nach Artikel 15 Grundgesetz ermöglichen“, so die gemeinsame Erklärung des Bündnisses.

In diesem Zusammenhang verweist das Aktionsbündnis auf Artikel 27 (2) der Landesverfassung: „Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen, sind zu verbieten.“ Diesen Fall sehen die Mieter bei der LEG als durchaus gegeben an. „In einigen großen Städten Nordrhein-Westfalens ist dies zweifelsfrei der Fall“, so Werner Szybalski, von der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster. Deshalb könnte auch der erste Absatz des Artikels 27 der NRW-Landesverfassung für die LEG in Frage kommen. Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, müssen nach dem Wortlaut der Landesverfassung in Gemeineigentum überführt werden.

An der öffentlichen Mahnwache am Mittwoch, dem 29. Mai, um 9 Uhr vor dem Van der Valk Airporthotel beteiligen sich neben den oben genannten Gruppen weitere LEG-MieterInnen aus verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen.

AnsprechpartnerInnen:
Werner Szybalski (Münster), werner <at> szybalski.de, 0171-4162359
Rita Zachrai (Barkenberg), r.zachraj <at> gmx.de, 0162-4174524
Knut Unger (Witten), knut.unger <at> mvwit.de 0157-58067500