Vonovia Halbjahresbericht 2025: Die Kehrseiten der Erfolgszahlen 

Mit der Präsentation des Finanzberichtes für das erste Halbjahr 2025 feiert sich der Vonovia-Vorstand für die Überwindung der jahrelangen Finanzkrise, in die er den Konzern mit seiner aggressiven, schuldenfinanzierten Expansionspolitik getrieben hatte. Nach über 13 Milliarden Euro Abschreibungsverlusten in den letzten drei Jahren erhöhte die Vonovia den fiktiven Wert ihrer Immobilien im ersten Halbjahr um 520 Millionen Euro.  Bei den operativen Ergebnissen legte der Konzern aufgrund erhöhter Mietsteigerungen, des Verkaufs von Wohnungen und der Erhöhung des konzerninternen Umsatzes deutlich zu. Alle diese geschäftlichen „Erfolge“ haben für die MieterInnen und die soziale Wohnungsversorgung negative Kehrseiten.

Die um Bestandsveränderungen bereinigten „organischen Mietsteigerungen“ waren mit 4,4 Prozent so hoch wie nie.  Hauptfaktor waren dabei mit 2,9 Prozent „marktbedingte Mietsteigerungen“, also Mieterhöhungen und erhöhte Neuvertragsmieten. Die Vonovia ist in vielen Städten (z. B. Berlin, Dortmund, Stuttgart) dafür berüchtigt, Aufschläge auf die qualifizierten Mietspiegel zu erfinden und systematisch anzuwenden. Diese haben vor Gericht oftmals keinen Bestand, aber die meisten MieterInnen scheuen den Konflikt. Vor allem in Städten ohne Mietpreisbremse (z. B. Ruhrgebiet, Aachen) verlangt die Vonovia bei der Wiedervermietung nicht selten Mieten, die mehr als 20 oder gar 30 und 40 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bei konsequenter Anwendung von § 5 Wirtschaftsstrafgesetz müsste die Vonovia überhöhte Mieten erstatten und hohe Bußgelder zahlen. Der wirtschaftliche „Erfolg“ der Vonovia beruht insofern teilweise auf Praktiken, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten würden oder sogar illegal sind.

Im Vergleich zu den „marktbedingten“ Mietsiegerungen haben sich die Mieteinnahmen aufgrund von Wertverbesserungen (durch mehr Modernisierungen) und Neubau für den eigenen Bestand (z.B. Aufstockungen) kaum verändert. Die Erhöhung der Modernisierungsinvestitionen um 51 Prozent wird sich erst in Zukunft mietsteigernd bemerkbar machen.

Ausgehend von einem niedrigen Niveau konnte die Vonovia die Zahl der Wohnungseinzelverkäufe auf 1.134 Wohneinheiten erhöhen und dabei deutlich höhere Gewinnmargen als zuvor erzielen. Wie bei den Mieterhöhungen spielt der Vonovia hier der Wohnungsmangel in die Hände.  Es gibt lokale Anzeichen dafür, dass die Vonovia die Einzelprivatisierungen in Zukunft steigern könnte.  So befürchten Mieter in der denkmalgeschützten Bottroper Arbeitersiedlung Welheim die Wiederaufnahme der Einzelverkäufe und damit Verdrängung durch Eigenbedarf der Erwerber.

Stark gesteigert hat die Vonovia auch den Verkauf von Wohnungen, die sie nicht zu ihrem strategischen Kerngeschäft zählt oder die ihr aufgrund von lukrativen Deals mit Kommunen abgekauft wurden. In den letzten Monaten gab es mehrere Beispiele dafür, dass die Vonovia vor allem Wohnhäuser mit hohem Sanierungsbedarf an kleinere Investoren abgestoßen hat, davon allein zwei Wohnanlagen in Witten. Die MieterInnen müssen hier eventuell weitere Verschlechterungen bei Service und Instandhaltung befürchten, oder es kommt zu teuren Modernisierungen und Verdrängungen. Das Abstoßen sanierungsbedürftiger Bestände mit vergleichsweise niedrigen Mieten kann sich auf die zukünftigen Erfolgsziffern der Vonovia in mehrfacher Hinsicht positiv auswirken: Die Instandhaltungskosten sinken, die durchschnittlichen Mieteinnahmen und Immobilienwerte pro Quadratmeter steigen, die für die ESG‑Bewertungen wichtigen CO₂‑Emissionswerte sinken. Die Kehrseite ist, dass die Lasten auf Dritte verlagert werden, die dafür wirtschaftlich möglicherweise schlechter gewappnet sind. Am Ende zahlen Mieter und öffentliche Hand die Rechnung.

Im Bereich der Zusatzgeschäfte („Value Add“) kam es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu einer Erhöhung des operativen Ergebnisses um 77 Prozent. Ausschlaggebend dafür war, dass der Umsatz deutlich stärker stieg als die Kosten. Der Umsatzzuwachs soll der Vonovia zufolge vor allem auf den Ausbau von Energiedienstleistungen (z.B. Photovoltaik) sowie die verstärkte Modernisierung durch Konzerntöchter zurückzuführen sein.  Der Großteil des Umsatzes entfällt auf konzerninterne Geschäfte, die im Einzelfall sehr intransparent sind. Berüchtigt sind die Nebenkostenabrechnungen der Mieter, die die Vonovia mit zahlreichen konzerninternen Rechnungen zu belegen versucht.  Diese Rechnungen sowie die zugehörigen Verträge, Zahlungs- und Leistungsnachweise halten Mieterorganisationen für unzulässige Eigenbelege.  Bei den Modernisierungsabrechnungen werden ebenfalls zahlreiche nicht prüffähige Eigenbelege vorgelegt.  Nach Ansicht von Mieterorganisationen beruht somit ein unbekannt hoher Anteil des „Value Add“-Erfolgt auf rechtlich unzulässigen Abrechnungen. Der Ausbau dieses Geschäfts könnte zu noch mehr Intransparenz und Übervorteilung der Mieterführen.

Tief im Keller befanden sich auch weiterhin die Neubauaktivitäten der Vonovia. Im ersten Halbjahr wurden lediglich 335 Wohnungen für die Ergänzung des eigenen Bestandes fertiggestellt.  1018 Neubaueinheiten in Deutschland wurden nach Fertigstellung verkauft. Auch das ist gemessen an früheren Zahlen und Plänen sehr wenig. Ein großer Verlust für die bezahlbare Wohnungsversorgung ist es nicht.  Denn sowohl die Aufstockungen und Nachverdichtungen im eigenen Bestand als auch die gehobenen Development-Projekte für den Verkauf treiben die Mieten an.