Falschmeldungen zu Vonovia-Hauswarturteil

In einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3.12.2021 („Vonovia gewinnt Gerichtsstreit um Betriebskostenabrechnung“) heißt es:

„Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Vermieter keine Verträge mit Dienstleistern offenlegen muss. Mieter des größten deutschen Immobilienkonzerns Vonovia haben keinen Anspruch darauf, dass sie in die Verträge des Wohnungsunternehmens mit ihren Objektbetreuern Einsicht bekommen.“

Diese Meldung ist falsch. Mit Urteil vom 27.10.2021 – VIII ZR 114/21 – hat der Bundesgerichtshof vielmehr entschieden, dass die Mietpartei berechtigt ist, die Rechnungen und Verträge einzusehen, die die tatsächlichen Kosten der „Objektbetreuer“ („Hauswarte“) ausweisen.

In dem in der Revision vor dem BGH behandelten Fall hatte die Vonovia mit ihrer Hauswart-Tochter „Immobilienservice GmbH“ keine bestimmten „Vergütungen“, sondern lediglich einen generellen „Kostenersatz“ vereinbaren lassen. Dementsprechend könne die Vonovia, so heißt es in Randnummer 24 der Urteilsbegründung, „nur die Kosten auf die Mieter umlegen, die der Immobilienservice GmbH tatsächlich entstanden sind.“ Für die Überprüfung der Betriebskostenabrechnung benötige der Mieter „auch die Kenntnis von den Dienstleistungsverträgen mit eventuellen Subunternehmen sowie deren Abrechnung der durchgeführten Dienstleistungen.“ (Rn. 25)

Nach dem Informationsstand des Gerichtes war ein Subunternehmen mit der Durchführung der Tätigkeiten beauftragt. In Rn. 40 des Urteils macht der BGH aber deutlich, dass die tatsächlichen Kosten der Vonovia Immobilienservice GmbH auch bei einer Hauswarttätigkeit durch eigene Mitarbeiter offengelegt werden müssten, denn: „Insoweit hätte die Immobilienservice GmbH nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag einen Anspruch auf Ersatz der ihr durch die Beschäftigung dieser Mitarbeiter entstandenen Kosten.“   Auf jeden Fall bestätigt der BGH das Einsichtsrecht der Mietpartei in die „dienstvertraglichen Grundlagen für die Vergütung der Hauswartleistungen“ (Rn. 37) .

Der für dieses Urteil maßgebliche Geschäftsbesorgungsvertrag der Vonovia Immobilienservice GmbH betraf die zahlreichen Wohnungen der ehemals kommunalen WOBA Dresden. Im Ruhrgebiet, dem Rheinland und in anderen Regionen liegen den Mietervertretungen gleichlautende Geschäftsbesorgungsverträge vor, die, wie der Vertrag in Dresden, keine Vergütungsvereinbarung enthalten. In allen diesen Fällen hätte die Vonovia gemäß BGH die tatsächlichen Kosten des Subunternehmens oder des Personals offenlegen müssen. Dies hat sie aber, trotz zum Teil spezifischer Aufforderungen, nicht getan oder sogar explizit verweigert. Wir müssen daher davon ausgehen, dass die Vonovia in den meisten, wenn nicht allen Fällen, die MieterInnen mit Hauswartkosten belastet hat, deren Höhe sie nicht nachweist.

In der Summe handelt es sich keineswegs um „Peanuts“. Schätzt man die Belastung mit den „Hauswartkosten“ pro Mietpartei und Jahr auf durchschnittlich 100 Euro, ergeben sich unter Berücksichtigung der Anzahl der Wohnungen seit 2017 nicht belegte Nebenkostenumlagen von um die 200 Mio. Euro. Ein großer Teil dieser „Kosten“ ist höchstwahrscheinlich nicht nur nicht belegt, sondern auch tatsächlich nicht angefallen.

Gehen wir nämlich von den wiederholt bestätigten Angaben der Vonovia aus, entfallen auf eine Hauswarts-Planstelle ca. 700 Wohnungen. Auf der Basis der obigen Schätzung der Einnahmen kassierte die Vonovia über die Nebenkostenumlage von ihrer Mieterschaft jährlich etwa 71.000 Euro pro Hauswartstelle. Die tatsächlichen Kosten der Hauswartleistungen betragen nun sicherlich weit weniger als zwei Drittel dieser Einnahmen, und darin sind dann auch noch die Anteile für die vielen Verwaltungstätigkeiten enthalten, die die „Objektbetreuer“ verrichten. Im Ergebnis heißt das: Durch die nicht rechtskonforme Abrechnungspraxis der Vonovia wurde die Mieterschaft seit 2017 um höchstwahrscheinlich  weit mehr als 100 Mio. Euro geschädigt.

Wie ist eine derart intransparente Abrechnungsweise mit den Standards einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung zu vereinbaren?

Der im Interesse der Vonovia verfasste F.A.Z.-Artikel soll offensichtlich dazu beitragen, dass derartige Fragen gar nicht erst auftauchen.