Gegenanträge zur Hauptversammlung 2021 der LEG Immobilien SE

Auch im Coronajahr 2021 lehnt die Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen die Ausschüttung einer Divididende ab. Die hohen Gewinne des Vorjahres sollen vielmehr für Mietverzichte und bessere Leistungen der LEG eingesetzt werden. Die Entlastung des Vorstandes wird abgelehnt.

Gegenantrag zu TOP 2: Verwendung des Bilanzgewinns

  1. Der Bilanzgewinn des Geschäftsjahrs 2020 wird komplett in die Gewinnrücklage eingestellt. Auf die Ausschüttung einer Dividende wird verzichtet.
  2. Die erhöhte Gewinnrücklage soll dazu verwendet werden, die Folgen der Corona-Krise für die MieterInnen abzumildern, die Mieten zu deckeln, den schlechten Service der LEG zu verbessern, tarifgerechte Arbeitsbedingungen zu garantieren und eine klimagerechte Bauerneuerung ohne Erhöhung der Warmmieten zu erreichen.

BEGRÜNDUNG

Der LEG-Vorstand schlägt vor, 272,5 Mio. Euro Dividenden an die AktionärInnen auszuzahlen, pro Aktie sind das 5 % mehr als im Vorjahr. Die Ausschüttungen entsprechen 43% der Mieteinnahmen des Jahres 2020. Auch im Vergleich zu anderen börsennotierten Wohnungsunternehmen zahlen die MieterInnen der LEG damit besonders viel an die Anleger. Eine so hohe Quote der Abschöpfung ist mit einem ethischen Investment in Mietwohnungen für breite Schichten der Bevölkerung nicht vereinbar und steht in Konflikt mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums.

Wegen der Corona-Krise ist derzeit nicht zu vertreten, dass überhaupt Gewinne ausgeschüttet werden. Viele Menschen, die jetzt Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, verschulden sich oder geben ihre Ersparnisse aus, nur um Mieten zu finanzieren, die zu einem großen Teil den Finanzanlegern als leistungslose Gewinne zufließen. Viele der Milliarden, die die öffentliche Hand für den Ausbau der sozialen Sicherung aufbringt, wirken als Subventionen privater Immobilien-Renditen.

Zu fordern ist, dass die LEG in diesem Jahr ganz auf eine Gewinnausschüttung verzichtet und die im Jahre 2020 erwirtschafteten Überschüsse ausschließlich unter ethischen Gesichtspunkten investiert. Hierzu gehört:

  1. Verzicht auf Mieterhöhungen im Jahr 2021 und Zurücknahme der Miethöhungen seit 2020.
  2. Verzicht auf die Einleitung mieterhöhender Modernisierungen und auf Maßnahmen die während der Pandemie zur Einschränkung der Bewohnbarkeit führen.
  3. Mietrückstände, die aufgrund unzureichender Einkommen während der Coronakrise entstanden sind, müssen annulliert werden. Räumungsverfahren sind einzustellen.
  4. Die Mieten für alle MieterInnen der LEG sollen auf das jeweilige ortsübliche Niveau vor Beginn der neuen Wohnungskrise gedeckelt und wo nötig abgesenkt werden.
  5. Unabhängig davon sollen bei Haushalten mit niedrigen Einkommen die Wohnkostenbelastungen auf maximal 25 % des verfügbaren Einkommens gesenkt werden.
  6. Leerstehende Wohnungen sind zu diesen Bedingungen vorrangig an unterversorgte Haushalte zu vergeben. Wo nötig ist eine sozialarbeiterische Begleitung vorzusehen.
  7. Der Instandhaltungsstau muss zügig abgebaut werden. Klimagerechte Erneuerungen sind zu forcieren, ohne dass dafür die Warmmieten erhöht werden.
  8. Für die dauerhafte Deckung der Instandhaltung, des Klimaschutzes und des barrierearmen Umbaus sollte eine Bauerneuerungsrücklage geschaffen werden.
  9. Der Wohnungsbestand soll durch sozialen Neubau ergänzt werden.
  10. Auf den spekulativen Aufkauf von Wohnimmobilien und auf die Veräußerung von Wohnungsbeständen an andere Finanzinvestoren ist zu verzichten.
  11. Die immer extremere Automatisierung und Zentralisierung der Wohnungsverwaltung müssen beendet werden. Stattdessen muss eine kompetente und dezentrale, für die MieterInnen erreichbare Wohnungsverwaltung mit persönlichen AnsprechpartnerInnen aufgebaut werden.
  12. Auf Extragewinne aus der Belastung der MieterInnen mit kalkulativen Nebenkosten- und Baunebenkostenrechnungen konzernbeherrschter Firme muss verzichtet werden.
  13. Ein Teil des Gewinns soll in einen paritätisch mitbestimmten Solidarfonds der Wohnungswirtschaft zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise eingestellt werden.

Die derzeitige Praxis der LEG ist weit von der Erfüllung derartiger ethischer Erwartungen entfernt. So werden z.B. in Witten seit Ende des letzten Jahres die MieterInnen zur Zustimmung zu Mieterhöhungen gedrängt, die durchgehend über den Werten der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. In allen dem MieterInnenverein Witten bekannten Fällen geht die LEG bei der Einordnung der Wohnungen in den qualifizierten Mietspiegel vom Oberwert der Mietspiegelspanne aus, ohne dies zu begründen. Unterzeichnen die Mieter die Zustimmungserklärungen nicht, erhalten sie Schreiben, in denen ihnen gerichtliche Klagen angedroht werden. Vor Gericht hätten die Mieterhöhungen keine Chance, aber ein Teil der MieterInnen reagiert auf die Drohungen mit Zustimmung.  Auf diese Weise treibt die LEG die zukünftigen Mietspiegel an.

Obwohl während der Pandemie gute Wohnverhältnisse besonders wichtig sind, führt die LEG mitten im Lock Down umfassende Modernisierungen durch, die die Bewohnbarkeit der Wohnungen über Monate stark einschränken. So sollen in Witten z. B. Balkone an die Wohnungen angebaut werden. Junge Familien, die gerade erst den Mietvertrag abgeschlossen haben, erhielten wenige Tage nach Einzug die Ankündigung von Modernisierungen mit über 100 Euro Erhöhung.

Gegenantrag zu TOP 3: Entlastung des Vorstandes

Dem Vorstand wird keine Entlastung erteilt.

Begründung

Nach den Erfahrungen vieler MieterInnen ist die LEG mit der Verwaltung ihrer Wohnungsbestände immer mehr überfordert. Standardisierte und automatisierte Massenabläufe bei Abrechnungen, Mieterhöhungen und Zahlungserinnerungen können die ortsnahe Wohnungsverwaltung und den persönlichen Kontakt mit den Mieterinnen und Mietern nicht ersetzen. Mietervertreter beobachten, dass die LEG ihren Fürsorgepflichten in der Verwaltung der Wohngebiete immer weniger nachkommt. Dadurch entstehen für die Mieter unnötiger Ärger und unnötige Kosten. In Witten-Herbede zum Beispiel könnten die teilweise sehr hohen Müllkosten gesenkt werden, wenn die LEG die Mülltonnen den Verbrauchern zuordnen und ihr Volumen dem Bedarf anpassen würde. Aber dazu müsste die LEG ihre Siedlungen tatsächlich aufsuchen und Mieterschreiben nicht nur automatisiert mit Textbausteinen beantworten.

Seit mindestens 2015 ist dem MietrInnenverein in Witten keine Nebenkostenabrechnung bekannt, in der keine unbegründeten oder nicht belegten Positionen enthalten wären. Wenn man den Schreiben widerspricht, erhält man oft jahrelang gar keine Antwort, ausgenommen Zahlungserinnerungen. Wenn Mieter hartnäckig bleiben, verfolgt die LEG ihre Forderungen in vielen Fälle weiter oder stimmt vor Gericht Vergleichen zu, die für die Mieter akzeptabel sind. Aber bei all den anderen MieterInnen, die nicht widersprechen, kassiert die LEG ab.

Zum Beispiel werden überall Kosten für einen Hauswart umgelegt, den die meisten Mieter nie zu Gesicht bekommen haben. Als „Nachweise“ für die angeblichen Tätigkeiten kann die LEG-Verwaltung nur „Rechnungen“ vorlegen, die sie sich selbst geschrieben hat. Obwohl sie zum Beispiel in Bielefeld gerichtlich dazu verurteilt wurde, die Personalkosten offenzulegen, weigert sie sich, irgendeinen Nachweis für die angeblichen Kosten zu erbringen.

Unzureichende Kostennachweise gibt es auch zu Teilen der Gartenpflegekosten, der „Müllreduktion“, der „Sperrmüllkosten“ u.v.a.m. Grundsätzlich verlangt die LEG angebliche Wartungskosten für die Rauchmelder, obwohl das die meisten Mietverträge nicht zulassen. In den letzten Jahren ist das Problem mit Heizkostenrechnungen hinzugekommen, die die LEG-Tochter ESP innerhalb des Konzerns erstellt. Mit Hilfe dieser Unternehmens-Konstruktion vermietet der LEG-Konzern zum Beispiel Verbrauchserfassungsgeräte an sich selbst und legt die „Miete“ dann als „Kosten“ auf die MieterInnen um. Die Gewinne aus der intransparenten konzerninternen Rechnungstellung fließen dem Vermietungskonzern zu. Laut Geschäftsbericht erzielte die LEG mit derartigen “Serviceaktivitäten” (auch “Mehrwertdienstleistungen” genannt) im Jahr 2020 ein operatives Ergebnis (FFO I) von “rund 31 Mio. Euro”.

Mit dem Kauf des Modernisierungsabwicklers Fischbach GmbH hat die LEG die Insourcing-Strategie auch auf Modernisierungsmaßnahmen ausgedehnt. Das in LWS Plus umbenannte Tochterunternehmen soll die weiterhin extern aufgekauften Bauleistungen mit den Vermietungsgesellschaften abrechnen und so weitere Konzern-Gewinne erzielen. Die Abrechnungen der LEG mit den Mieterinnen und Mietern werden durch diese Methoden noch undurchsichtiger und rechtlich angreifbarer als sie es ohnehin schon sind.

Im Jahr 2020 hat die LEG ihre Investitionen in mietsteigernde Modernsierungen von 206,7 Mio. Euro auf 290,4 Mio. Euro erhöht. Für die Instandhaltung der Wohnungen wurden dagegen nur 98,3 Mio. Euro aufgewendet. Welchen Einfluss die gestiegene Modernisierung auf die Mietrenditen hat, lässt sich am Geschäftsbericht nicht erkennen. Im Einzelfall wurden aber extreme Mietensprünge in Folge der Modernisierungen beobachtet. In Witten ergriff eine ganze Hausgemeinschaft die Flucht. Die Wohnungen wurden viel teurer wieder vermietet. Die erhöhte Fluktuation erzeugt aber auch Kosten, über die sich der Geschäftsbericht ausschweigt.

Nach derzeit geltendem Recht können acht Prozent der Kosten für Modernisierungen pro Jahr auf die Mieten aufgeschlagen werden. Dabei müssen eingesparte Instandhaltungskosten von der Mieterhöhung abgezogen werden. Der BGH entschied im Juni 2020, dass dabei auch das Lebensalter der Bauteile berücksichtigt werden muss, nicht nur der aktuelle Reparaturbedarf. Nach dieser Klarstellung der Rechtslage durch den BGH muss die LEG damit rechnen, dass zahlreiche Mieterinnen und Mieter Reduktionen der bereits erhöhten Mieten und auch Rückerstattungen der ohne Rechtsgrund erfolgten Zahlungen verlangen können.

Nur auf kurze Sicht bringen die mieterfeindlichen Methoden der LEG Vorteile. Die Reputation bei den Mietern ist im Keller. Die Risiken von Rückforderungen wachsen. Aber das Management igelt sich in einem Elfenbeinturm aus schönen fiktiven Kennzahlen ein, die mit der Erfahrung der MieterInnen und der Beschäftigten nichts zu tun haben.

Gegenträge von Knut Unger, Plattform kritischer ImmobilienaktionärInnen und MieterInnenverein Witten