Vonovia Hauptversammlung: Gegen die Entlastung des Vorstandes

In Gegenanträgen zur Hauptversammlung am 8. Mai wenden sich kritische AktionärInnen gegen die Entlastung des Vonovia-Vorstandes.

Brinja Manske, Berlin

 

Beschlussvorschlag:

Der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat wird abgelehnt. Dem Vorstand wird keine Entlastung erteilt.

Begründung:

Der Vorstand der Vonovia SE hat es zu verantworten, dass in mehreren Wohnsiedlungen für das Jahr 2022 rechtlich äußerst fragwürdige Heizkostenabrechnungen erstellt wurden, mit denen von den MieterInnen Nachforderungen in Höhe von mehreren Tausend Euro verlangt wurden. Dadurch wurden die MieterInnen und die Reputation der Vonovia SE nachhaltig geschädigt. Der Vorstand hat die zum Teil rechtswidrigen Forderungen der Vonovia bis heute nicht zurückgenommen. Das Agieren des Vorstandes ist mit dem Geschäftsverständnis der Vonovia nicht vereinbar.

Zu den Wohngebieten mit rechtlich äußerst fragwürdigen Horrorabrechnungen der Heizkosten gehört auch mein Wohnstandort am Tempelhofer Damm im Berlin. In unserem Fall hat die Vonovia außerdem die MieterInnen damit getäuscht, dass sie angeblich eine klimafreundlichere, kostengünstige Alternative zum bisherigen Eigenbetrieb einer zentralen Gasheizung einführen wollte.

Mit Schreiben vom 22. September 2021 wurden die MieterInnen am Tempelhofer Damm 90 – 98 von der Vonovia über die Umstellung auf gewerbliche Wärmelieferung informiert. Die Umstellung wurde damit begründet, dass die Vonovia einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und regenerative Energien mit in die Wärmeversorgung einbeziehen wurde. Es wurden Abwasserwärmepumpen, eine Holzpelletanlage und ein hydraulischer Abgleich angekündigt. Ebenso eine Photovoltaikanlage, sowie ein Blockheizkraftwerk plante die Vonovia in einem Anschreiben vom 05.05.2022. Diese Maßnahmen sollten nicht nur die klimaschädlichen Emissionen für die Wohnhäuser reduzieren, sie sollten auch  kostenneutral für die MieterInnen sein. Und nicht nur das, der hydraulische Abgleich sollte dafür sorgen den Wärmebedarf zu reduzieren und die Anlagen sparsam einzustellen. Von diesen Maßnahmen wurde bislang nur der hydraulische Abgleich durchgeführt.

Statt der versprochenen kostenneutralen und umweltfreundlicheren Wärmeversorgung haben die MieterInnen im Herbst 2023 Heizkostenabrechnungen über die Wärme erhalten, die in der auf die Firma Vattenfall übertragenen Gasheizzentrale erzeugt wurde. Die Kosten für die MieterInnen lagen drei- bis viermal so hoch wie zuvor. Durch das Contracting hat sich die Vonovia lediglich der Verantwortung für die Wärmeversorgung entzogen und dafür mit dem Wärmeversorger Vattenfall Energy Solutions GmbH Preisanpassungsklauseln vereinbart, diedieser extremen Gewinne zu Lasten der Mieter erlauben. Bislang hat es die Vonovia unterlassen, die Rechnungen dieses Unternehmens als rechtwidrig zurückzuwiesen. Damit schädigt sie neben den MieterInnen auch die Ertragskraft des Unternehmens, da die MieterInnen mit Recht die Zahlung der ungerechtfertigten Kosten verweigern. Abgesehen von der unzulässigen Bindung der Arbeitspreise an den Gasbörsenindex EGIX sind die Abrechnungen überwiegend auf Grundlage von Schätzungen erstellt wurden, da es Vattenfall unterlassen hatte, rechtzeitig Wärmezähler zu installieren.

Die Abrechnungen sind nach Ansicht der organsierten MieterInnen gemäß ABVBFernwärmeV illegal, da sie auf Preisgleitklauseln beruhen, die zu Preisen weit entfernt von den tatsächlichen Kostensteigerungen der Wärmeversorger führen. Es ist uns nicht bekannt, ob die Vonovia ihre Pflicht zur Prüfung der Vattenfall-Rechnungen und der Rechtmäßigkeit der ihnen zu Grunde liegenden Vertragsklauseln erfüllt hat. Von den MieterInnen jedenfalls werden Kosten verlangt, zu deren Zahlung unserer Ansicht nach die Vonovia nicht verpflichtet wäre.

Markus Roeser, Dortmund

Beschlussvorschlag:

Es wird beantragt, den Vorstand nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand hat bezüglich der Kontrolle zahlungswirksamer Vorgänge innerhalb des Konzerns wiederholt seine Sorgfaltspflichten verletzt. Er trägt die Verantwortung dafür, dass die Vonovia SE wiederholt Rechnungen, die ihr von Wärmelieferanten vorgelegt wurden, im Rahmen der Heizkostenabrechnungen ungeprüft an die MieterInnen weitergegeben hat. So auch in der Wohnanlage in Bottrop-Welheim. Als Reaktion auf die horrenden Nachforderungen von bis zu mehreren Tausend Euro haben die MieterInnen Zurückbehaltungsrechte ausgeübt und sich mit Protesten an die Öffentlichkeit gewandt. Im Jahr 2023 musste die Vonovia ihre Forderungen gegenüber den MieterInnen in Welheim um mehr als eine viertel Million Euro reduzieren.

Bei der Abrechnung 2022-2023 gab die Vonovia den Mietern von vornherein bekannt, dass sie falsch sei, und stellte sie rechtswidrig zur „Fristwahrung“ zu. Durch das  unprofessionelle, rechtlich äußerst fragwürdige Vorgehen ist der Vonovia SE neben dem wirtschaftlichen vor allem auch ein Reputationsschaden entstanden. Die Abrechnungen in Bottrop-Welheim und in anderen Wohngebieten, u.a. in Stuttgart, liegen Wärme-Contracting-Verträgen mit der Techem Solutions GmbH zu Grunde. In diesen Verträgen sind für den Arbeitspreis Preisgleitklauseln vereinbart, die sich u.a. am monatlichen Gaspreisindex EGIX orientieren. Die sich aufgrund dieser Klauseln rechnerisch ergebenden Rechnungsbeträge lagen 2021-2023 wahrscheinlich weit über den tatsächlichen Kosten für die Wärmeerzeugung und -lieferung. Dazu trug auch die in den Verträgen vorgesehen Gradtagszahlgewichtung des jeweiligen monatlichen EGIX bei. Hinzu kommt, dass die uns vorliegenden Wärmerechnung 1.4.2021 – 31.3.2022 für die Wohnanlage in Bottrop-Welheim noch höhere Beträge ausweist als sich rechnerisch aus der Anwendung der Formel ergibt. Die mit der Techem Solutions GmbH vereinbarten Verträge erfüllen aus mehreren Gründen nicht die rechtlichen Anforderungen der hier maßgeblichen AVBFernwärmeV. Die in dieser Verordnung verlangte Veröffentlichung der maßgeblichen Preisbestandteile im Internet fehlt völlig. Die in den Wärmelieferungsverträgen angegebenen Bezugsgrößen der Gaspreisbörse sind nicht eindeutig definiert.

Vor allem aber ist höchst zweifelhaft, dass die sogenannte Kostenkomponente der Preisgleitklausel die tatsächliche Entwicklung der Gasbezugskosten des Versorgers ausreichend wiedergibt. Hier hätte die Vonovia von der Techem den Nachweis der tatsächlichen Kosten verlangen und ggf. feststellen müssen, dass die Preisgleitklausel spätestens im Jahr 2022 unwirksam war. In diesem Falle hätten die vertraglich vereinbarten Ausgangspreise gegolten, die weit günstiger waren als die Kosten, die Vonovia von den MieterInnen verlangte. Auch die von den MieterInnen verlangten tatsächlichen Zahlungsnachweise über die von Techem an Vonovia gestellten Nachforderungen für den Zeitraum April 2021 – März 2022, wurden bis heute nicht durch vorgelegt. Statt die tatsächlichen Kosten zu überprüfen und zu belegen verzichtete die Vonovia – angeblich aus Kulanz – gegenüber den MieterInnen auf über eine viertel Million Euro. In den Medien kündigte der Vorstand zugleich an, sich der Problematik annehmen zu wollen. Dass dies geschehen wäre, ist nicht zu erkennen.

Seine Zusage von der Hauptversammlung im Jahr 2023, sich vor Ort in Welheim ein Bild über die Lage zu machen und mit den MieterInnen zu reden, hielt Herr Buch bis dato nicht ein. Mit Schreiben vom März 2024 teilte die Vonovia etlichen Welheimer Mietern mit, dass die Heizkostenabrechnungen für das Jahr 2022, die sie am gleichen Tag erhalten haben, fehlerhaft sei und deswegen vorerst nicht zu bezahlen wären. Man werde sich bei Techem notfalls auch mit rechtlichen Schritten – um eine Korrektur der falschen Zahlen bemühen.

Obwohl der Vonovia die grundlegende Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen also bekannt war, gab sie sie an die MieterInnen weiter, wohl in der Absicht, die am 31.3.2024 ablaufende Abrechnungsfrist einzuhalten. Auch die Zustellung einer wissentlich falschen Abrechnung führt aber selbstverständlich nicht zu einer begründeten Forderung. Das Vorgehen ist unserer Ausfassung nach rechtswidrig. Bereits im Jahr 2023 hatten MieterInnen den Vorstand wiederholt darauf hingewiesen, dass die Verträge mit der Techem rechtlich fragwürdig seien. Daraufhin hätte der Vorstand umgehende ine Klärung herbeiführen müssen. Erhebliche Kosten für die Vonovia hätten dadurch verhindert werden können. Die Entlastung des Vorstands ist für das Geschäftsjahr 2023 daher abzulehnen.

Dieser Gegenantrag ist in Zusammenarbeit mit der Mietergemeinschaft Gartenstadt
Welheim erstellt worden.

Knut Unger, Witten

Beschlussvorschlag:

Es wird beantragt, den Vorstand nicht zu entlasten.

Begründung:

Der Vorstand ist verantwortlich für die schon lange verfehlte Politik des Wachstums auf Pump und auf Kosten der Mieter und der Unternehmenssubstanz. Jetzt ist er verantwortlich für eine verfehlte Krisenpolitik. Um Schulden abzuzahlen und trotz gestiegener Zinsen Dividenden auszahlen, hat der Vorstand Joint Ventures mit anderen Finanzinvestoren beschlossen, an die überdurchschnittliche Ausschüttungen erfolgen. Der Neubau für deneigenen Bedarf musste eingestellt werden. Die Ausgaben für die zur Erreichung der Klimaziele unerlässlichen Modernisierungen wurden radikal gekürzt. Auch die Ausgaben für Instandhaltungen gehen deutlich zurück. Die Vonovia ist auf dem Kurs, ihre Substanz zu untergraben!

Die vom Vorstand vor 2 Jahren als Rettung angepriesenen Verkäufe dümpeln vor sich hin. Die hohen Preiserwartungen der Vonovia werden vom Markt nicht gedeckt. Selbst die Überschüsse aus dem sogenannten Value Add-Bereich, die zum Teil auf völlig intransparenten konzerninternen Verrechnungen beruht, sind rückläufig. Nur die Mieten steigert die Vonovia immer mehr, erklärtermaßen unter Ausnutzung der Wohnungsnot

Immer wieder behauptet der Vorstand, die Mieten der Vonovia seien vergleichsweise günstig. Das Gegenteil ist der Fall! Seit Jahren liegen die „organischen Mietsteigerungen“ der Vonovia deutlich über dem Bundesmietenindex. Wer sich die Verhältnisse vor Ort ansieht, weiß: Die Vonovia nutzt jeden Spielraum zu Mieterhöhungen systematisch aus und treibt damit die Mietenniveaus ganzer Städte nach oben. Wenn die Anpassung einer Miete an den gestiegenen Mietspiegel an der Kappungsgrenze scheitert, verbucht sei die zu erwartende Mietsteigerungen, die nach Ablauf der gesetzlichen Kappung möglich ist.

Die Mieten, die der Immobilienbewertung zu Grunde liegen, betragen 12 Prozent mehr als die Vonovia-Ist-Mieten. Und natürlich steigen sie jedes Jahr weiter an. Der Vorstand hat einendloses Mietenkarussell zu verantworten. Aber damit nicht genug. Der Vorstand hat auch bezüglich der Kontrolle zahlungswirksamer Vorgänge innerhalb des Konzerns wiederholt seine Sorgfaltspflichten verletzt. Er trägt die Verantwortung dafür, dass Tausende von Mietern in Bottrop, Berlin oder Stuttgart für die Heizperiode 2022 extrem hohe Heizkostenabrechnungen erhielten, die auf den ersten Blick fehlerhaft waren. Da wurden in den Abrechnungen gleich dreimal exakt die gleichen Wärmeverbräuche berechnet. Es wurden Rechnungsbeträge aufgelistet, zu denen noch gar keine Rechnungen vorlagen. Es wurden Verbrauchaufstellungen vorgelegt, die die allerhöchsten Verbräuche ausgerechnet im Sommermonat September aufwiesen…

Wer solche Abrechnungen verschicken lässt, ist mitschuldig, wenn der Ruf des Unternehmens am Boden liegt. Und wer nichts unternimmt, wenn wissentlich falsche Abrechnungen als fristwahrend ausgegeben werden, wie in Bottrop, der ist als Vorstand eines Dax-Konzerns absolut untragbar!

Ja, die Vonovia muss runter von ihren hohen Schulden! Unbedingt vermieden werden muss aber ein Schuldenabbau mittels verantwortungsloser Verkäufe an skrupellose oder überforderte Investoren. Ein Beispiel dafür, wie es nicht laufen darf, ist die Veräußerung sanierungsbedürftiger Wohnungsbestände, u.a. in Witten, an den Developer LIV. Dieser malträtiert die Mieter mit sinnlosen Betriebskostenforderungen bei penetranter Abwesenheit. Er will von der Vonovia übernommen Gartengrundstücke der Mieter mit einer hoch verdichteten Bebauung vernichten.

Verantwortungslos war aber auch der Verkauf vieler Berliner Wohnungen an die landeseigenen Wohnungsbestände. Der Vonovia-Vorstand wusste, dass die Preise überzogen waren. Sie wurden mit Anleihen finanziert, deren gestiegene Kosten jetzt die landeseignen Wohnungswirtschaft stark belasten. Um die MieterInnen angesichts zu erwartender weiterer Verkäufe zu schützen, müsste die Vonovia unter anderem Eigenbedarfskündigungen mietvertraglich ausschließen und eine angemessene Instandhaltung absichern. Dies würde sicherlich die Verkaufserlöse schmälern, ist aber für die Erfüllung des Unternehmensverständnisses unverzichtbar.