Gegenanträge zur Hauptversammlung der Vonovia SE am 8.5.2024: Keine Dividendenausschüttung!

In Gegenanträgen und Eingaben zur Hauptversammlung der Vonovia SE am 8.5.2024 haben kritische AktionärInnen einen Verzicht auf die vom Vorstand vorgeschlagene Ausschüttung einer Dividende in Höhe von 90 Cent pro Aktie gefordert. Stattdessen würden alle Mittel benötigt, um den Mieterservice zu verbessern und die Wohnsiedlungen klimatauglich zu machen, ohne dabei die MieterInnen finanziell zu überfordern. In den Begründungen gehen die AktionärInnen auch auf lokale Missstände ein. Ein wichtiges Thema sind die in einer Reihe von Fällen horrenden Heizkostennachforderungen. Wir dokumentieren die Eingaben.

Knut Unger, Witten

Beschlussvorschlag:

Der Beschlussvorschlag des Vorstandes wird abgelehnt. Es wird beantragt, keine  Dividende auszuzahlen. Stattdessen ist der ausgewiesene Bilanzgewinn in die Gewinnrücklage einzustellen. Er soll zur Sicherung der Liquidität ohne verantwortungslose Verkäufe, Mieterhöhungen und intransparente Abrechnungen beitragen, der Verbesserung des dezentralen Mieterservices und der Instandhaltung dienen sowie zur klimagerechten und warmmietenneutralen Modernisierung der Wärmeversorgung in den Wohnungsbeständen der Vonovia eingesetzt werden.

Begründung:

Eine europäische Aktiengesellschaft ist heute nicht mehr nur ihren Anlegern für Rendite und Wertsteigerung verantwortlich. Sie hat auch internationale Vereinbarungen, Selbstverpflichtungen und Anforderungen der ESG-Ratings zu erfüllen. Vor allem bei Wohnungen mit ihrer hohen sozialen Bedeutung und Klimarelevanz ist dies unverzichtbar. Die Vonovia bedient in ihrer Außendarstellung und mit Modellprojekten diese Narrative. Um die Verpflichtungen auch einzuhalten, sind aber tatsächliche Ausgaben und Investitionen erforderlich. Das ist nicht möglich, wenn stattdessen alle freien Mittel in die
Dividendenausschüttung fließen!

Anstatt die Mieteinnahmen dafür einzusetzen, die hohe Schuldenlast zu reduzieren und die Wohnungen sozialverträglich zu erneuern, hat die Vonovia über Jahre mehr als 40 Prozent der Mieteinnahmen als Dividenden ausgeschüttet und gleichzeitig auf Pump andere Wohnungsunternehmen aufgekauft. Das Ergebnis ist ein Desaster. Im Geschäftsjahr 2023 hat sie einen bilanziellen Verlust (Periodenergebnis) von 6,8 Mrd. Euro eingefahren. Die (überzogenen) Wertzuschreibungen der Immobilien mussten um 10,6 Mrd. Euro reduziert In den nächsten Jahren müssen Anleihen und Kredite in Höhe von meist mehr als 4. Mrd. Euro abgelöst werden. Wenn in dieser Situation die Dividendenausschüttung erhöht wird, werden die Liquidität und Ertragskraft des Unternehmens noch mehr untergraben!

Die Mittel werden dringend gebraucht, den zum Teil katastrophalen Mieterservice zu verbessern und in sozialen Brennpunkten mehr Präsenz zu zeigen. Mieterhöhungen verringert werden. Auf rechtlich zweifelhafte intransparente Abrechnungen und damit verbundene konzerninterne Gewinnen müsste verzichtet werden. Sehr viel mehr Mittel müssten in die Instandhaltung fließen. Der höchste Finanzierungsbedarf besteht aber sicherlich für die klimagerechte und warmmietenneutrale Modernisierung und leistbaren sozialen Wohnungsbau. Es ist eine Schande, wenn das größte europäische Wohnungsunternehmen hier versagt!

In Witten-Heven hat die Vonovia einen seit langem vernachlässigte Wohnungsbestand aus den 70er Jahren im „Energiesprong“-Verfahren mit innovativen Fertigbauteilen eingekleidet, will Strom aus Photovoltaik gewinnen und mit Wärmepumpen heizen. Das klingt gut und sieht vielleicht auch gut aus, – von außen! Innen bleibt es bei maroden Leitungen, Aufzüge und Heizungen fallen ständig aus, die Einkleidungen verdunkeln die Wohnungen, Fenster lassen sich von manchen MieterInnen nicht mehr öffnen. Während für Montage der Fertigbauteile für eine Weile eine professionelle Fremdfirma bezahlt wurde, wurde beim Innenausbau gespart und geschludert. Wegen schlechter Planung jagte eine Baupanne die die andere. Neue Fenster waren undicht, durch Dächer drang Wasser, es kam zu extremen Verzögerungen. Unmittelbar neben den neuen Hochglanzfassaden tanzen Ratten, weil die Vonovia das Müllproblem nicht angeht. Nur für angebliche Mülldienstleister, die niemand je zu Gesicht bekommt, in den Nebenkosten abkassieren, das kann sie.

Auch in einem benachbarten Hochhaus fallen oft Heizungen und Fahrstühle aus. Obwohl die Mieter für die Hausreinigung zahlen, bleibt Erbrochenes für viel Monate in den Ecken liegen. Jugendliche treiben im Dachbereich gefährlichen Unfug. Ja, es gibt eine Objektbetreuerin, die die Mieter ebenfalls bezahlen!

So ist das in günstigem Wohnvierteln? Günstig war einmal. Während Altmieter in unmodernisierten Häusern vielleicht noch 5,50 €/m² zahlen, werden neuen Mietern (oft Geflüchtete mit Kindern, die nichts anderes finden) über 8 €/m² abgeknöpft. Düfte die Vonovia die Kosten der „Energiesprong“-Modernisierung auf die Mieten umlegen, dann, so hat sie es vorgerechnet, würden die Mieten zum Teil auf über 15 €/m² steigen. Es ist wohl nicht ausgeschlossen, dass die Vonovia Mieten derartiger Größenordnung bei der Neuvermietung verlangen wird. In einem Nachverdichtungsneubau im gleichen Viertel sind die Kosten schon nahe dran an dieser Marke. Das war hier mal alles Werkswohnungen eines Stahlwerkes. Das, was jetzt passiert, nennen manche „Gentrifizierung“. Es ist wohl eher Plünderung der lokalen Bevölkerung.


Günter Wolff, Hamburg

Beschlussvorschlag:

Der Antrag auf Ausschüttung einer Dividende wird abgelehnt. Die ordentliche Hauptversammlung der Vonovia SE möge beschließen, das der Bilanzgewinn des Geschäftsjahres 2023 in die Instandsetzung und die Modernisierung des Gebäudebestandes investiert wird. Die Bardividende ist am 14. Juni 2023 zur Auszahlung fällig.

Begründung:

Die Aufwendungen für Instandhaltung und Modernisierung sind von 722,4 Mio Euro im Jahr 2022 auf 533,4 Mio Euro in 2023 zurückgegangen. Es besteht aber die Notwendigkeit in den Gebäudebestand im Rahmen der energetischen Sanierung die 750 Mio Euro zu investieren. Ein Beispiel für eine Instandhaltung und Sanierung: In der Großstadtsiedlung Hamburg Steilshoop hat die Vonovia 2050 Wohnungen. ca. 500 Wohnungen in zwei Wohnringen wurden noch nicht Modernisiert, obwohl die Maßnahme in 2022 bei den Mietern angekündigt wurde. In die Instandhaltung der Plattenbausiedlung aus den 70er Jahren haben die Eigentümer in der Vergangenheit nur die notwendigen Mittel investiert. Der Schimmelbefall und die Durchfeuchtung in den Wohnungen ist den Mietern nicht mehr zumutbar. Nicht vollendete Modernisierungsarbeiten (seit 26 Monaten steht das Baugerüst) belasten die Mieter. Durch die Fugen tritt Feuchtigkeit ein und verursacht den Schimmelbefall. Die Modernisierungsarbeiten müssen sofort fachgerecht beendet bzw. begonnen werden. Die Energetische Sanierung des Gebäudebestandes ist aus Klimaschutzgründen und den Klimaschutzvorgaben der Bundesregierung eine vorrangige Aufgabe, die die Vonovia SE auch erfüllen muß. Siehe auch Bericht im NDR vom 8.04.2024.


 

Brinja Manske, Berlin

Beschlussvorschlag:

Der Verwendungsvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat wird abgelehnt. Es soll keine Dividende ausgeschüttet werden. Der Bilanzgewinn ist vollständig in die Gewinnrücklage einzustellen. Diese ist für die Sicherung und Schaffung einer von den MieterInnen bezahlbaren klimagerechte Wärmeversorgung zu verwenden.

Begründung:

Die im Geschäftsbericht ausgewiesenen Einnahmen der Vonovia beruhen unter anderem auf Heizkostenforderungen gegenüber den Mieterinnen und Mietern. Wie das Beispiel meines Wohngebietes am Tempelhofer Damm in Berlin zeigt, beruhen diese Einnahmen zum Teil auf Heizkostenabrechnungen, die die Zahlungsfähigkeit der Mieterschaft übersteigen, rechtlich nicht nachvollziehbar sind und deshalb von einer ganzen Reihe von MieterInnen nicht gezahlt werden. Für die Liquidität der Vonovia besteht somit ein Risiko, das der Vorstand bei seinem Vorschlag für die Dividendenausschüttung nicht berücksichtigt hat. Die liquiden Mittel der Vonovia werden benötigt, um im Wohnungsbestand der Vonovia eine CO2-neutrale Wärmeversorgung zu erreichen, ohne dass die Mieterinnen und Mieter dadurch weiter finanziell überfordert und verdrängt werden. Im Oktober/ November 2023 versendete die Vonovia an ihre MieterInnen in Berlin-Tempelhof Heizostenabrechnungen mit Nachforderungen von mehreren Tausend Euro, zum Teil übersteigen sie den Betrag von vier Monatsmieten.

Diese Nachforderungen haben die MieterInnen in Notsituationen getrieben. Um das Geld aufzubringen, haben BewohnerInnen soziale Leistungen beantragt, Ersparnisse eingesetzt oder sich verschuldet. Viele MieterInnen schlossen sich aber auch zu Prüfgemeinschaften zusammen und forderten die Vonovia auf, sämtliche Abrechnungsbelege offenzulegen, bevor gezahlt wird. So, wie es das gute Recht der MieterInnen ist. Die Vonovia aber reagierte nicht auf die Prüfgemeinschaften, sondern schickte Mahnungen als Antwort. Ebenso missachtete sie den Entzug von Einzugsermächtigungen und buchte gegen den Willen der MieterInnen weiterhin Mieten und Nachforderungen ab. Sie verrechnete auch Guthaben auf ihren „Mietkonten“ mit den Nachforderungen obwohl die MieterInnen widersprochen hatten.

Die MieterInnen in Tempelhof sind bestürzt über das dieses Vorgehen. Sie fühlen sich auch getäuscht. Im Jahr 2021 hatte die Vonovia angekündigt, die Energieversorgung von selbstbetriebenen Gasheizungen auf Wärme aus regenerativen Quellen umzustellen. Statt diese Ankündigung umzusetzen, hat sie den Betrieb der alten Gasheizungen im Zuge eines Contractings auf die Firma Vattenfall übertragen. Obwohl in der zweiten Jahreshälfte 2021 schon absehbar war, dass die Börsen- und Großhandelspreise für Gas stark steigen würden, hat die Vonovia eine Preisgleitklausel vereinbart, die sich an dem Gasbörsenindex EGIX orientiert. Dieser stieg im Jahr 2022 um ein Mehrfaches der Verbraucherpreise. Anstatt eine für die MieterInnen bezahlbare Wende zu einer klimaverträglichen Wärmeversorgung einzuleiten, generiert die Vonovia mit ihrem Contracting Extraprofite für ihren Geschäftspartner Vattenfall und erzeugt so neue SozialhilfeempfängerInnen, die den Staat nun belasten.

Es handelt sich bei uns wohlgemerkt nicht um Wohnungen aus einem Luxussegment, sondern sehr einfache Wohnungen, die vor der Einführung des Contracting bezahlbar waren. Wir TempelhoferInnen haben das Gefühl, dass die Vonovia uns vertreiben will, dass sie eine gezielte Gentrifizierung betreibt. Denn aufgrund der hohen Nachforderungen leergezogene Wohnungen vermietet die Vonovia sehr viel teurer weiter. Wenn die Vonovia ihr eigenes Geschäftsverständnis erst nimmt, muss die diese Vorgänge unbedingt beenden, umgehend auf die hohen Heizkostenforderungen verzichten und selbst in die klimagerechte Wärmeversorgung in iestieren, ohne dabei die MieterInnen finanziell zu übervorderen.

Die Einnahmenüberschüsse des Konzerns müssen dringend für die soziale Wärmewende eingesetzt werden. In Tempelhof müssen die Häuser den angekündigten Maßnahmen versorgt werden ohne dass es zu Anhebungen der Bruttomiete kommt.

 


 

Markus Roeser, Dortmund

Beschlussvorschlag:

Der Beschlussvorschlag des Vorstandes wird abgelehnt. Es wird beantragt, keine Dividende auszuzahlen. Stattdessen ist der ausgewiesene Bilanzgewinn in die Gewinnrücklage einzustellen. Hiermit sollte die klimagerechte und warmmietenneutrale Modernisierung der Wärmeversorgung der Bestände finanziert werden.

Begründung:

In vielen Wohnsiedlungen der Vonovia, zum Beispiel in Bottrop-Welheim, führen veraltete Wärmenetze und unzureichende energetische Gebäudestandards, zu vermeidbaren Heizkosten. Als Beispiel sei genannt, dass in den Einfahrten einiger Wohnhäuser in Bottrop-Welheim sogar der Schnee schmilzt, weil die darunter liegenden Leitungen zu schlecht isoliert sind. Defizitäre Zustände an den Heizungsanlagen führen auch in Welheim vielfach zu Ausfällen einiger Heizungen, wodurch nicht nur untragbare Situationen für die Mieter entstehen, sondern auch erhebliche Kosten durch ungeplante Reparaturen.

Derartige Zustände sind in vielen Bestandsgebäuden der Vonovia festzustellen. So auch beispielsweise in Stuttgart, wo in mehreren Wohneinheiten sowohl im Frühjahr 2023 als auch wieder im Frühjahr 2024 Heizungen durch Defekte ausgefallen sind, deren Behebung jeweils über mehrere Wochen nicht erfolgen konnte. Presseberichte über Problematiken dieser Art in Wohngebäuden der Vonovia werfen in der ganzen Republik in geradezu regelmäßigen Abständen ein denkbar schlechtes Licht auf das Unternehmen.

Das Ziel muss sein, durch Effizienzsteigerung über Sanierungen, Isolierung u.a. zum einen den Energiebedarf und Energieverluste drastisch zu reduzieren und zum anderen auf klimafreundliche Wärmequellen umzusteigen. Ebenso sind Heizungssysteme in vielen Bestandssiedlungen überholungsbedürftig und für Defekte anfällig, die durch ein Sanierungsprogramm vermieden werden können. Das führt zu niedrigen Kosten, einem positiven Effekt für die Öffentlichkeitswahrnehmung und einer Attraktivitätssteigerung der Bestände für potentielle Kunden. Dabei darf es nicht zu Steigerungen der Mieten oder Heizkosten für die Kunden kommen.

In früheren, wirtschaftlich einfacheren, Zeiten sind die zur Behebung dessen notwendigen Arbeiten unterlassen worden. Heute ist die klimagerechte Ertüchtigung der Wärmenetze dringender denn je. Der fortschreitende Klimawandel sowie der massiv steigende CO2-Preis sind nur zwei der guten wirtschaftlichen Gründe dafür. Außerdem wird es auch in den nächsten Jahren massive Fördertöpfe des Staates für diesen Umbau geben. Die als Eigentümer dafür zu leistenden Anteile werden dennoch nicht unerheblich sein. Das nötige Investitionsprogramm wird große Summen binden. Jedoch würde eine weitere Verzögerung der energetischen Erneuerung zu erheblichen Mehrkosten durch den steigenden CO2-Preis, steigende Baukosten und voranschreitenden Verschleiß an den bestehenden Wärmenetzen mit sich bringen. Vor dem Hintergrund der hohen Kosten für unabdingbar notwendige Arbeiten ist es nicht vertretbar eine Dividende auszuschütten: das Geld stattdessen zur Sicherstellung einer von den MieterInnen bezahlbaren, klimagerechten energetischen Ertüchtigung der Wohnungsbestände zu verwenden.

Dieser Gegenantrag ist in Zusammenarbeit mit betroffenen MieterInnen aus Stuttgart und Bottrop erarbeitet worden.