Dieser Vonovia-Vorstand schadet den MieterInnen

Mit Gegenanträgen zur Vonovia-Hauptversammlung am 16.4.2021 wendet sich die Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen gegen die  Entlastung des Konzern-Vorstandes und das Vergütungssystem für die Manager. Durch Beharren auf fehlkonstruierten Betriebskostenabrechnungen und Modernisierungsmieterhöhungen schade der Vorstand den MieterInnen und der Glaubwürdkeit des Unternehmens, das sich gern als Vorreiter eines nachhaltigen Wirtschaftens darstellt. Auf den Baustellen der Vonovia herrschten katastrophale Zustände, von Nachhalitigkeit könne keine Rede sein. Das jetzige Vergütungssystem belohne unter andem Mieterhöhungen.

Gegenantrag zur Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands (TOP 3)

Gegenantrag von Knut Unger

Beschlussvorschlag:

„Die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes wird abgelehnt.“

Begründung:

Durch die systematische Ausnutzung der strukturell schwachen Rechtswahrnehmung der MieterInnen und durch Missbrauch der Gestaltungmöglichkeiten im Konzern hat der Vorstand im Geschäftsjahr 2020 die gesellschaftliche Reputation der VONOVIA SE weiter geschädigt.

1.

Ein Beispiel dafür ist das Beharren des Vorstandes auf der umstrittenen Praxis der Betriebskostenabrechnungen. Anstatt den MieterInnen die tatsächlichen Kosten konzernexterner Auftragnehmer oder des eigenen Personals zu berechnen und zu belegen, erstellt sich die Vonovia über ihre Tochterunternehmen einen großen Teil der Rechnungen selbst und erzielt über deren Umlage Gewinne, die in das Ergebnis des Segments „Value Add“ einfließen.

Es kommt inzwischen zunehmend zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, in denen die Fehlerhaftigkeit der Betriebskostenabrechnungen der Vonovia bestätigt wird. In einem Gerichtsverfahren in Dresden (Az. 143 C 4851/19) mussten die Rechtsanwälte der Vonovia einräumen, dass kein Dienstleistungsvertrag bestehe, in dem die Vergütungsvereinbarung mit einzelnen Preisen für einzelne Leistungen enthalten ist. Die betrifft u.a. die Hauswartkosten. Dies bedeutet, dass die Vonovia die verlangten Hauswartkosten nicht nachweisen kann. In der Konsequenz muss sie auf die Umlage verzichten.  Soweit uns bekannt, liegt diese Fallkonstellation in ganz Deutschland vor.  Das VoNOvia-MieterInnenbündnis fordert, dass die Vonovia alle Einnahmen für den Hauswart seit 2016 an die MieterInnen erstattet.

https://mieteraktionärin.de/category/mieterinnen/novonovia-mieterinnenbuendnis/

In einem Urteil des LG Dresden vom 18.03.2021 (Az. 4 S 271/20) wurde die Vonovia verpflichtet, die Kostennachweise für beauftragte Subunternehmen vorzulegen. Setzt sich diese Auffassung durch, wird sich das Geschäftsmodell der konzerninternen Rechnungserstellung endgültig nicht mehr halten lassen.

2.

Ähnliche Verhältnisse liegen bei der Abrechnung der Modernisierungskosten im Rahmen von Mieterhöhungen gem. § 559 BGB vor. Große Teile der angeblichen Baukosten werden mit Rechnungen des Vonovia-Tochterrunternehmens Vonovia Engineering GmbH begründet. Mieterorganisationen, die sich die Mühe gemacht haben, die Rechnungen und zugrunde liegenden Verträge zu prüfen, haben zahlreiche Mängel festgestellt, die ihrer Meinung dazu führen, dass die Rechnungen und damit die Mieterhöhungen nicht prüffähig sind. Demnach würden zahlreiche MieterInnen seit Jahren Mieterhöhungen leisten, ohne dass diese eine prüffähige Grundlage haben. Im Unterschied zu den Betriebskosten besteht bei dem Modernisierungsmieterhöhungen keine Einwendungsfrist. Die MieterInnen könnten ihre Mietzahlungen bis zur Verjährung zurückverlangen.

Diese Auseinandersetzung hat weitere Brisanz erhalten durch das Urteil des BGH vom 17.6.2020 (BGH VIII ZR 81/19), wonach bei der Berechnung von Modernisierungskosten auch ein Abzug wegen des Baualters der einzelnen Bauteile vorgenommen werden muss. Da dies bei den Modernisierungsabrechnungen der Vonovia nirgends der Fall war, ist damit zu rechnen, dass zahlreiche MieterInnen Ansprüche auf Absenkung der erhöhten Mieten und Rückerstattung ohne Rechtsgrund gezahlter Mieterhöhungen haben.

3.

Anstatt die Konstruktionsfehler der Abrechnungs- und Mieterhöhungspraxis einzugestehen, die tatsächlichen Kosten zu belegen und die zahlreichen übervorteilten MieterInnen zu entschädigen, sucht die Vonovia außergerichtlich und in den gerichtlichen Verfahren immer neue Ausflüchte, um die Nichtoffenoffenlegung der tatsächlichen Kosten zu rechtfertigen. Dadurch verschärft die Vonovia den Konflikt mit den MieterInnen und fordert regulatorische Eingriffe in die Wohnungsbewirtschaftung geradezu heraus.

4.

Diese Erfahrungen offenbaren große Mängel in der Governance und dem sozialen Verantwortungsbewusstsein der Vonovia.  In der Nachhaltigkeitsberichterstattung des Konzerns werden sie aber völlig übergangen. Außerdem berücksichtigen die Nachhaltigkeitsberichte weder die Klimabilanz der verwendeten Bauprodukte in ihrem Lebenszyklus, noch den Umweltverbrauch der Baustellen. Die Nachhaltigkeitsberichte bieten somit kein realistisches Bild des Konzerns. Es handelt sich – in diesem Punkt den Abrechnungen nicht unähnlich  – um virtuelle Zahlenwerke mit geringem Realitätsbezug.

Insofern derartige Angaben auch dem „Sustainability Performance Index“ und den Nachhaltigskeits-Ratings zu Grunde liegen, sind diese nicht vertrauenswürdig. Dieser Umstand führt zu hohen Risiken bei der Bewertung der Anlagewürdigkeit durch institutionelle Investoren, die im Risiko-Bericht nicht erwähnt werden.

Für all dies trägt u.a. der Vorstand die Verantwortung.


Gegenantrag von Matthias Oehlschläger

Beschlussvorschlag:

„Es wird beantragt, die im Geschäftsjahr 2020 amtierenden Mitglieder des Vorstandes nicht zu entlasten.“

Begründung:

Die Mitglieder des Vorstandes haben es zu verantworten, dass vieler Orts die Liegenschaften der Vonovia durch sogenannte energetische Modernisierungen in einen schlechten Zustand versetzt werden.
Auch bleibt es die Vonovia schuldig, sowohl die Notwendigkeit, als auch den tatsächlichen Nutzen dieser energetischen Modernisierungen nachzuweisen.

Wie wissenschaftliche Gutachten z.B. aus Konstanz belegen, entsteht wenn überhaupt nur ein minimaler tatsächlicher Nutzen durch die Modernisierung.

Somit bleiben die immer wieder vom Vorstand betonten klima- und ökologischen Ziele ohne bestand. Lediglich in einigen Vorzeigeprojekten wird von der Vonovia etwas geenwashing betrieben und medial ausgeschlachtet.

Weiter wird immer vom Vorstand beton, die Vonovia bis zum Jahr 2050 Co2 neutral zu machen.

Auf den Baustellen der Vonovia werden aber immer noch der äußerst klimaschädliche Wertstoff Beton in rauen Mengen verwendet, obwohl dieser an vielen Stellen garnicht mehr nötig wäre.

So wurde z. B. in Konstanz für eine Außenanlage, grob geschätzt, etwa 200 Tonnen Beton verwendet.

Alleine für die Einfassung einer Schaukel und einer Rutsche wurden über 25 Tonnen Beton verwendet, obwohl es überhaupt keiner Einfassung bedurft hätte.

Weiter herrschen auf den Baustellen der Vonovia katastrophale Zustände, was die Planung und Durchführung der Arbeiten anbelangt.

Diese führt dazu, dass es zu vielen Baumängeln kommt, welche bis in einigen Jahren teuer und aufwendig ausgebessert werden müssen. Hier dürften bis in einigen Jahren im modernisierten Bestand immens hohe Kosten auf die Vonovia zukommen. Bisher unterlässt es aber der Vorstand für diese zu erwartenden Kosten, Finanzmittel aus dem Jahresüberschuss zurückzustellen.

Diese Probleme sind dem Vorstand seit Jahren bekannt. Seit Jahren unternimmt der Vorstand keine Anstrengungen entsprechende Gegenmaßnahmen zur ergreifen um die Zustände zu verbessern.

Diese Modernisierungen sollen dann durch die Umlage zu einem Teil der Mieter getragen werden. Was natürlich dazu führt, dass ein gewisser Verdrängungseffekt eintritt. Dieser trifft insbesondere sozial schwache Mieter. Das Härtefallmanagement der Vonovia ist hier nicht ausreichend um diese Verdrängung zu verhindern.

Zusammenfassen kann man sagen, der Vorstand hat es zu verantworten, dass weder die klima- noch die ökologischen und sozialen Zielsetzungen, welche in der Öffentlichkeit kommuniziert werden, eingehalten werden.
Aus diesen Gründen wird beantragt, dem Vorstand die Entlastung nicht auszusprechen.

 


Gegenantrag zu TOP 6 der Tagesordnung: Vergütungssystem

Gegenantrag von Daniel Zimmermann,

Antrag:

Das vorliegende Vergütungssystem wird abgelehnt. Der Aufsichtsrat wird beauftragt, bis zur nächsten Hauptversammlung ein neues Vergütungssystem zu erarbeiten, dass folgende Vorgaben erfüllt:

  • Ausschluss jeglichen Mechanismus, bei dem Mietsteigerungen direkt oder indirekt zu höheren Vorstandsvergütung führen.
  • Ausschluss jeglichen Mechanismus, bei dem die Dividendenausschüttung Einfluss auf die Vorstandsvergütung hat.
  • Begrenzung der jeweiligen Vorstandsvergütungen auf das 15-fache des durchschnittlichen Gehalts der Vonovia-Beschäftigten (inkl. aller Tochtergesellschaften) bzw. das 20-fache der untersten Lohn-/Gehaltsgruppe innerhalb des Konzerns.
  • Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung max. in Höhe der durchschnittlichen Versorgungsleistungen der Vonovia-Beschäftigten. Darüber hinaus sind keine weiteren Versorgungsleistungen zu gewähren.

Begründung:

Das zur Abstimmung gestellte Vergütungssystem steht in Widerspruch zu den von der Gesellschaft verkündeten Nachhaltigkeitszielen, setzt in dieser Hinsicht Fehlanreize an den Vorstand und ist in sich widersprüchlich. Insbesondere widersprechen die in den STI und LTIP enthaltenen Bemessungsgrundlagen/Parameter den Zielen nachhaltigen Wirtschaftens, allen voran in seiner sozialen Dimension. Ein Vergütungssystem, beim dem der Vorstand in letzter Konsequenz ein umso höheres Gehalt erzielt, je höher die Mietersteigerungen ausfallen, führt zum Widerspruch mit dem Ziel einer sozialen Wohnungsbewirtschaftung. Gleiches gilt für die Kopplung an die Dividendenausschüttung, aber auch Group FFO, NAT und Adjusted EBITDA, die ebenfalls wesentlich durch die erzielten Mieteinnahmen und somit auch die Mietsteigerungen bestimmt werden. Diese Wirkungsweise des vorliegenden Vergütungsvorschlags wird auch nicht durch die Berücksichtigung des SPI ausgeglichen, zumal dieser die dauerhafte Leistbarkeit des Wohnraums für die Mieterinnen und Mieter nicht abbildet.
Darüber hinaus führt die absolute Höhe der Vergütungsmöglichkeiten zu einem weiteren Reputationsschaden der Gesellschaft. Die Maximalvergütungen liegen beim 100 – 220-fachen des Bruttodurchschnittsgehalts eines Vollzeitbeschäftigten in Deutschland. Diese Dimension dürfte in ähnlicher Größenordnung auch hinsichtlich der Beschäftigten des Konzerns sowie der Mieterinnen und Mieter der Vonovia gelten. Eine solche Diskrepanz ist nicht gerechtfertigt und akzeptabel. Sie trägt zur weiteren sozialen Spaltung der Gesellschaft bei.
Bei Anwendung der in diesem Gegenantrag aufgeführten Höchstgrenzen wäre die Jahresvergütung weiterhin so hoch, dass eine ausreichende Altersvorsorge daraus bestritten werden könnte. Eine zusätzliche Altersvorsorge sollte sich daher auf die durchschnittlichen Leistungen für die Beschäftigten des Konzerns begrenzt sein.