Gegenanträge zur LEG-Hauptversammlung am 19. Mai 2022

Vertreter der Plattform kritischerer Immobilienaktionär*innen fordern bei der Hauptversammlung der LEG Immobilien SE am 19.5.2022 eine radikal verrringerte Dividendenausschüttung. Die Mieteinnahmen würden benötigt, um den immer katastrophaleren Service der LEG zu verbessern und die Wohngebiete ohne Mieterhöhungen klimagerecht zu sanieren. Wegen der zahlreichen Missstände in der Wohnungsbewirtschaftung werden wir auch gegen die Entlastung des LEG-Vorstandes stimmen. Selbstverständlich sehen wir auch keinen Grund für die Erhöhung der Vorstandsvergütung. Das Vergütungssystem setzt völlig falsche Anreize.

Gegenantrag zu Punkt 2 der Tagesordnung: Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2021

  1. Die Dividendenausschüttung wird auf EUR 26.430.216,90 beschränkt. Der Rest des Bilanzgewinns des Geschäftsjahrs 2021 wird in die Gewinnrücklage eingestellt.
  2. Die erhöhte Gewinnrücklage soll dazu verwendet werden, den schlechten Mieter-Service der LEG umfassend zu verbessern, den Wohnungsbestand ohne Warmietenerhöhungen. klimagerecht zu sanieren und sozialen Wohnungsneubau zu erreichen.

Begründung

Der FFO1 des LEG ist im Jahr 2021 aufgrund überdurchschnittlicher Mietsteigerungen, geringer Ausgaben für die laufende Wohnungsbewirtschaftung und einer aggressiven Expansion um 10,4 Prozent gestiegen. Die vom Vorstand vorgeschlagen Dividendenausschüttung entspricht knapp 44 % der Bruttomieteinnahmen (EPRA) des Vorjahres. Für die laufenden Kosten werden lediglich 25 % der Mieteinnahmen eingesetzt.  Zugleich klagen viele MieterInnen über einen schlechten Service. Große Teile des alten und neuen LEG-Wohnungsbestandes sind sanierungsbedürftig. Der Verschuldungsgrad des Unternehmens steigt massiv. Nach Ansicht der Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen ist die vorgeschlagene Ausschüttung einer noch einmal erhöhten Dividende keineswegs gerechtfertigt.

Die LEG bewirtschaftet ganz überwiegend ehemalige und jetzige Sozialwohnungen. Sie bemüht sich um ethisches Anlagekapital. Die Dividendenausschüttung sollte deshalb auf einen Prozentsatz des operativen Überschusses und der nachhaltigen Miteinnahmen begrenzt werden, der mit den üblichen Quoten in der gemeinwohlorientierten Wohnungswirtschaft vergleichbar ist. Dies sind nach unserem Dafürhalten 26,4 Mio. Euro. Auch dieser Wert ist nur dann gerechtfertigt, wenn die im Vorjahr und in den Folgejahren erzielten Überschüsse umfassend in die klimagerechte Bauerneuerung und die Serviceverbesserung bei stabilen Mieten investiert werden.

Der Anzahl der LEG-Wohnungen ist gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent gestiegen. Zugleich stieg der Verschulungsgrad (LTV) gegenüber dem Vorjahr um knapp 14 Prozent auf 42,8 Prozent. Jede LEG-Wohnung ist im Durchschnitt mit 49.000 Euro Schulden belastet, – angesichts des Alters uns des Zustandes der meisten Wohnungen ist das viel zu viel. Trotzdem plant die LEG weitere Expansionen. Die im letzten Jahr erworbenen Wohnungen liegen zu einem eheblichen Teil außerhalb des LEG-Stammlandes NRW.  Der Aufbau einer befriedigenden Verwaltung kostet Ressourcen, die die LEG nicht hat. Monatelang warten die MieterInnen schon heute vergeblich auf Reparaturen.

Die zu Gunsten der Ausschüttung gekürzten Bewirtschaftungsaufwendungen belasten die Substanz der LEG. Steigende Zinsen, Inflation und gefallene Aktienkurse erschweren die Kaptalbeschaffung für weiteres externes und internes Wachstum.  Wenn jetzt nicht aus eigenen Mitteln in die Verbesserung des Wohnungsbestand und der Mieterbetreuung investiert werden, sind für die Zukunft wachsende Risiken zu erwarten.

In die laufende Instandhaltung fließen nicht einmal 11 Euro pro Quadratmeter. Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung der Wohnungsbestände ist das entschieden zu wenig. Seit einigen Jahren massiv erhöht hat die LEG lediglich ihre Investitionen in wertsteigernde und mieterhöhungswirksame Modernisierungen. Diese konzentrieren sich auf einen kleinen Teil des Wohnungsbestandes und führen dort zu Verdrängungen von MieterInnen. Die große Masse der Wohnungen wird vernachlässigt und unzureichend betreut.

Trotzdem verlangt die LEG immer höhere Mieten. Die Durchschnittsmiete im freifinanzierten Bereich steigt um 3,9 Prozent, wesentlich mehr als der Bundesmietenindex von 1,3 Prozent. Zu den Mietsteigerungen tragen Erhöhungen der Mieten im laufenden Vertragsverhältnissen mit 1,9 Prozentpunkten bei. Mieterorganisationen aus vielen Städten berichten, dass die LEG dabei von mietrechtlich nicht gerechtfertigten Einordnungen in die Mietspiegel zurückgreift.

Um die Mieterträge auch ohne Modernisierungen im laufenden Mietverhältnis zu steigern, verschickt die LEG zudem seit Jahren immer wieder Mieterhöhungen, die weit über den Mittelwerten des Mietspiegels liegen und deshalb vor Gericht nicht durchsetzbar wären. Da ein erheblicher Teil der Mietenden diese Erhöhungen aus Angst oder Unwissen akzeptiert, macht das der LEG nichts aus. So heizt die LEG die örtlichen Durchschnittsmieten an.

***

Gegenantrag zu Punkt 3 der Tagesordnung: Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2021

Die amtierenden Vorstandsmitglieder werden nicht entlastet.

Begründung

Nach Beobachtungen des MieterInnenvereins Witten hat der Vorstand auch im Jahr 2021 die bereits in den Vorjahren überdeutlich gewordenen Defizite in der Betreuung des Wohnungsbestandes und der Erreichbarkeit für die MieterInnen nicht abgebaut. Im Gegenteil, es ist zu weiteren Standardverschlechterungen gekommen. Wenn es darauf ankommt, ist die LEG für die MieterInnen in Witten nicht erreichbar.

Während die LEG ihr Personal für die Bewirtschaftung der neuerworbenen Wohnungsbestände einsetzt, warten MieterInnen an Altstandorten wie Witten oft monatelang vergeblich auf die Reparatur defekter Dächer, Heizungen und Aufzüge. In der Schückingstraße 5 in Witten drang seit Frühsommer 2021 Regenwasser in die Wohnung im obersten Geschoß. Die Mieterin meldete den Schaden immer wieder. Aber nichts geschah. Sie minderte die Miete, das Lokalfernsehen berichtete. Die LEG ließ es ungerührt. Nach langem Warten wurde das Flachdach im Herbst dann doch noch ausgebessert. Nun begann ein Streit um die berechtigte Höhe der Mietminderung. Nach den starken Regefällen im Februar 2022 kam es nun erneut zu einem Wasserschaden. Die Mieterin ist verzweifelt.

In der Friedrich-Ebert-Straße 40 fiel Anfang Februar der Aufzug aus. Zu dem Zeitpunkt hatte eine Mietpartei gerade Besuch von einer stark gehbehinderten Freundin erhalten. Ohne Hilfe kam die Frau nicht mehr aus der Wohnung. Die Frau saß wochenlang in der Wohnung fest. Erst Mitte März lief der Aufzug wieder. Die LEG verweigert den betroffenen MieterInnen eine Mietminderung.

In der Knappensiedlung 34 wartet ein Mieter nunmehr seit fast 2 Jahren darauf, dass Leckagen am Leitungssystem fachgerecht behoben werden. Nachdem Ende 2021 wesentliche Reparaturen ausgeführt wurden, kam es Anfang Mai nach Tätigkeiten eines Handwerkers der LEG zu erneuten Wassereinbrüchen.

In Knappensiedlung 29 wurden die MieterInnen im Februar 2021 per Aushang darüber informiert, dass die Warmwasserversorgung mit Legionellen befallen sei. Sie wurden angewiesen, die Duschen nicht zu nutzen. Die MieterInnen  –  darunter Alte und Kranke  – hielten sich an die Regeln. Sie reduzierten aber auch, wie es ihr gutes Recht ist, die Mieten und verlangten Einsichtnahme in den Untersuchungsbericht. Der Untersuchungsbericht wird von der LEG verweigert, die Mietminderung wird bestritten.  Obwohl es mehrfach Aushänge über den Legionellenbefall gab, leugnet die LEG, dass jemals ein Befall festgestellt wurde.

Vergeblich erwarten die MieterInnen in Witten, dass die LEG als Vermieterin Präsenz in den Wohnquartieren zeigt und sich zum Beispiel um Nachtruhe, um Mülltrennung und Sauberkeit kümmert. Aber obwohl den Mietern Kosten für Hauswarte in Rechnung gestellt werden, sind die MieterInnen auch in schweren Nachbarschaftskonflikten auf sich allein gestellt. Bei der Auswahl der NeumieterInnen fehlt jede Sorgfalt und Betreuung. Dies beklagen zum Beispiel MieterInnen in der Rathenau-, der Erzberger, der Schücking- und der Cranachstraße.

In Witten tätig wurden „Hauswarte“ allenfalls dann, wenn Mietern Vorschriften zur Nutzung ihrer Gärten gemacht werden sollten. LEG-MieterInnen, die sich selbst behindertengerechte Duschen einbauen lassen oder Ladestationen für E-Bikes im Hof aufstellen wollen (Straße „Drei Könige“), müssen mit großen Schwierigkeiten rechnen. Denn die LEG will diese Wertverbesserungen als Vermieter-Modernsierungen abrechnen, um dauerhafte Mieterhöhungen durchzusetzen.

Aber auch ohne Modernisierungen verlangt die LEG derzeit in Witten für leergezogene Arbeiterwohnungen aus den 50er und 60er Jahren Mieten, die 30 % bis über 40 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Die LEG rechnet Jahr für Jahr Betriebs- und Heizkosten ab, die sie den MieterInnen gegenüber nicht vollständig belegt. Unter anderem legt sie keine aktuellen Verträge und keine Zahlungsnachweise vor. An Vielen der abgerechneten angeblichen Leistungen (z.B. Hauswart, Multimedia, Rauchmelder, Energie) verdient der Konzern mit. Keine Abrechnung der LEG ist korrekt.

MieterInnen, die berechtigter Weise ihre Mieten mindern oder Nebenkostenzahlungen zurückbehalten, setzt die LEG auch weiterhin mit unbegründeten, automatisierten Mahnschreiben unter Druck. In Wirklichkeit scheut sie den Gang vor die Gerichte.  In etlichen Fällen zog es das Unternehmen vor, Mitgliedern des MieterInnenvereins Witten schon außergerichtlich Vergleichsangebote zu machen, die die MieterInnen nicht ausschlagen konnten. Für die große Masse der MieterInnen ändert sich dadurch nichts.

***

Gegenantrag zu Punkt 10 der Tagesordnung: Beschlussfassung über die Billigung des vom Aufsichtsrat vorgelegten geänderten Systems zur Vergütung der Mitglieder des Vorstands

Das Vergütungssystem für den Vorstand wird missbilligt.

Begründung

Die „Leistungen“ des Vorstandes für die MieterInnen rechtfertigen keinerlei Höhervergütung.

Selbst bei ausreichender Leistung sollten die Bezüge nicht die eines hohen Beamten, etwa eines Oberbürgermeisters übersteigen.

Das Vergütungssystem setzt völlig falsche Anreize.

Da die Vergütungshöhe u.a. von der Steigerung der Ergebnisse aus Vermietung und Verpachtung   abhängig gemacht wird, wird der Vorstand abgehalten Mieterhöhungen durchzusetzen zu versuchen, die legal nicht zu begründen sind, weil sie ohne Grund vom Oberwert der Mietspiegelspanne ausgehen.  In den Funds From Operation (FFO) werden neben Mietsiegrungen auch Kostensenkungen abgebildet, die zu einschneidenden Services- und Instandhaltungsdefiziten führen.

Die ESG-Anteile am Vergütungssystem haben nicht viel mit Nachhaltigkeit zu tun. So verbirgt sich hinter Zahl der fertiggestellten energetischen Modernisierungen ein erheblicher Anteil an Instandhaltungen. Modernsierungen werden zur Begründung unsozialer Mieterhöhungen mit Verdrängungswirkung genutzt, was den sozialen Zielen der ESG-Kriterien widerspricht.

Die Wiederholungsanruferquote ist ungeeignet ,die soziale Dimension zu messen. Sie wäre eher den Governance-Aspekten zuzuordnen. Eine reduzierte Anzahl von Widerholungsanrufern muss dabei kein gutes Zeichen sein. Ein Teil der MieterInnen hat längst aufgegeben, ewig lange in den Warteschlangen zu warten , ohne dass das Problem gelöst wird. Wer als MieterIn nicht auf den Kopf gefallen ist, schreibt besser gleich einen Brief mit Fristsetzung und Minderungen.

Grundsätzlich muss bestritten werden, dass die LEG auf dem Pfad der Klimaneutralität ist:

In der Rörchenstraße und in vielen anderen Wohnquartieren der LEG in Witten würden eigentlich gute Voraussetzung für den klimagerechteren Umbau der Energieversorgung und Anpassungen an die veränderten klimatischen Bedingungen auf Quartiersebene vorliegen. Aber das Thema eines ganzheitlichen Klimaschutzes wird von der LEG in der Praxis völlig ignoriert. Schwerpunkte der energetischen LEG-Modernisierungen sind nach wie vor standardisierte Fassadendämmungen mit Styropor. Wegen ihrer hohen Kosten ermöglichen diese Dämmungen starke Mieterhöhungen. Die Relevanz für den Klimaschutz ist wegen des hohen Erdölbedarfs für die Herstellung, der begrenzten Lebensdauer und wegen der problematischen Entsorgung stark umstritten.

Auch in anderer Hinsicht ignoriert de LEG die Belange der Umwelt.  In mehreren Fällen wurden in Witten große Bäume abgeholzt und Grünflächen beseitigt, um zusätzlichen Garagen Platz zu machen, die die LEG gewinnbringend vermietet.

All diese Missstände werden in dem Vergütungssystem nicht abgebildet.