Krise von Vonovia und LEG: Kritische Aktionär*innen und Mieterorganisationen befürchten neue Belastungen für die Mieter

VORAB-PRESSEMITTEILUNG 16.5.2023

Bei ihren Hauptversammlungen am 17. Mai können die beiden größten deutschen Wohnungsunternehmen, die Vonovia SE und die LEG Immobilien SE, ihren Aktionär*innen keine neuen Renditerekorde verkünden. Die Aktienkurse befinden im Keller. Die Wertzuschreibungen der Immobilien beginnen zu fallen. Mit Ausnahme der Mieteinnahmen sind die operativen Ergebnisse der Vonovia im ersten Quartalsbericht eingebrochen. Der Neubau ist begraben. Um die in den letzten Jahren auf Pump aufgeblähten Immobilienimperien zu entschulden, werden Wohnungen und Beteiligungen im großen Stil verkauft. Die Vonovia will die Dividende halbieren, die LEG gar keine ausschütten.

Wie steht es unter diesen Bedingungen für die MieterInnen?

„Es kann für die Mieter schnell noch übler kommen als es ohnehin schon ist“, befürchtet Knut Unger, kritischer Immobilienaktionär und Sprecher des MieterInnenvereins Witten (Ruhrgebiet).  „Wenn verkauft wird, dann möglicherweise an opportunistische Fonds, die kurzfristiger denken als die Manager der Börsenkonzerne. Die Ausgaben für Instandhaltung und Service geraten unter Druck. Und zugleich wächst der Druck, die Mieten und Nebenkosten zu erhöhen. Kostentransparenz für die Mieter erscheint unter solchen Bedingungen störendes Beiwerk. Und das alles unter den Bedingungen der Heizkostenexplosion!“

INTRANSPARENTE HEIZKOSTENNACHFORDERUNG 

Für den kommenden Spätsommer und Herbst wird eine große Welle von Heizkostenabrechnungen befürchtet, die den im Jahr 2022 gestiegenen Gaspreis abbilden. Schon jetzt gibt es erste Beispiele, wie heftig und wie intransparent die Nachforderungen ausfallen können.

In Bottrop-Welheim haben Vonovia-MieterInnen für ihre Wärmversorgung Nachforderungen von bis über 4.000 Euro erhalten. Die Berechnung des Nahwärmepreises ist bislang völlig undurchsichtig. Knapp 50 MieterInnen haben sich zusammengeschlossen und halten die Zahlung der Nachforderungen bis zum Beleg der Kosten zurück. In einem Offenen Brief an Vonovia-Chef Rolf Buch und über eine Aktionärs-Vertreterin fordern sie auf der Hauptversammlung neue transparente Abrechnungen und eine bezahlbare Wärmeversorgung. Reaktion der Vonovia: Die beteiligten Mieter bekommen persönliche Anrufe mit Ratenzahlungsangeboten. „Eine Frechheit“, sagt die Mieter-Sprecherin Marina Scharnowski.

Video-Botschaft der Welheimer MieterInnen an die Hauptversammlung der Vonovia: https://www.mvwit.de/vonovia-mieterinnen-bottrop-geschockt-heizkostenachforderungen/

Offener Brief der Welheimer MieterInnen an den Vonovia-Vorstand: https://6460b9254c4a8.site123.me/

 

UMLAGE NICHT ERFOLGTER BAULEISTUNGEN

Bekanntlich ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Korruption und Betrug bei der Vergabe von Aufträgen durch die Vonovia. Soweit wir aus Medienberichten wissen, sollen von Vonovia-Mitarbeitern Leistungsverzeichnisse gefälscht worden sein, um nicht erbrachte Leistungen abzurechnen. Manchen Mietern kommt das bekannt vor. „Im ganezen Bundesgebiet tauchen in Nebenkosten- oder Modernisierungsabrechnungen immr wieder Leistungen auf, die nicht beobachtet wurden oder gar nicht stattgefunden haben können“, sagt Knut Unger, der auch im bundesweiten VoNO!via & Co. MieterInnenbündnis aktiv ist.

Im Haus von Roland Böhmer in Böblingen wurde im Jahr 2022 eine Modernisierungsmaßnahme durchgeführt. Im Dezember erhielten die Mieter die entsprechende Mieterhöhung, die u.a. mit Arbeiten im Dachbereich begründet waren, die nie ausgeführt worden waren. Vergeblich warten die Mieter auf korrekte und vollständige Belege. Zum Teil sollen die Arbeiten nun nachträglich ausgeführt werden. Aber die Mieterhöhngen dafür sind längst erfolgt!

Roland Böhmer hat sich als Aktionärsvertreter mit diesem Video an die Vonovia.-Hauptversammlung gewandt: https://youtu.be/U3LIfKTlj-0  

 

LEG-Expansion nach Kiel, Mieterhöhungen

Die LEG expandierte in den letzten Jahren nach Niedersachsen und Schleswig Holstein und erwarb unter anderem über 2.000 Wohnungen in Kiel-Gaarden. Dass die LEG mit der Übernahme der Bestände überfordert war, spürten die Mieter zunächst durch unterbliebene Pflege der Außenanlagen, schleppende bis unterbliebene Beseitigung von Mängeln, das Fehlen von Ansprechpartnern und mangelnde Erreichbarkeit. Später kamen offensichtlich fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen und die ersten überhöhten Mieterhöhungen dazu. Daher schlossen sich viele über die „Solidarische Beratung“ in einer Mieterinitiative zusammen. Aufgrund des öffentlichen Druck gelobte die LEG Besserung und setzte zumindest erste Verbesserungen um.  Auf Widersprüche wurden die Mieterhöhungen und die offensichtlichen Fehler in der Betriebskostenabrechnung dann zwar korrigiert, – die Mieterhöhungen zum Ärger der Mieterinitiative jedoch nur im Einzefall.

Eine Vorgehensweise, der auch aus anderen Städten bekannt ist: „Auch im Ruhrgebiet verschickt die LEG schon seit Jahren zu hohe Mieterhöhungen. Hierbei orientiert sie sich, entgegen der Rechtsprechung der örtlichen Gerichte, regelmäßig am Oberwert der Mietspiegelspanne. Bei Widersprüchen wird für den Einzelfall korrigiert. Eine Korrektur der Mieterhöhungspraxis findet jedoch nicht statt“, sagt Markus Roeser, wohnungspolitischer Sprecher des Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V..

Link zu einem Bericht über die Mieterinitiative in Kiel-Gaarden (Bezahlschranke):

https://www.kn-online.de/lokales/kiel/leg-wohnungen-in-kiel-gaarden-mieter-wehren-sich-gegen-maengel-PV7CVTIDZJF4JHKNQW2G4EB6GE.html

 Link zu einem Bericht über die Zustände in der Kiel-Gaarden:

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Krisensitzung-zu-Problemen-in-LEG-Wohnungen-in-Kiel-Gaarden-,mietergegenleg100.html

 

Witten-Herbede: LEG entzieht eigenmächtig Nutzung von Mietergärten

Wenn es Mängel in den Wohnvierteln gibt, ist die LEG oft nicht zu erreichen. Wittert die LEG aber irgendwo bei der Garten- und Freiraumnutzung das allerkleinste Haftungsrisiko, greift sie rücksichtlos durch. So gegenüber langjährigen Garten-NutzerInnen an der Knappenseidlung in Witten-Herbede,

Nach einer Anfang Mai ergangenen Entscheidung des Amtsgerichts Witten muss die LEG die Schlüssel für einen von ihr eigenmächtig verschlossenen Gartenzaun herausgeben. Die LEG hatte den behinderten Mietern und weiteren Nachbarn die Gartennutzung wegen angeblicher Gefahren bei Starkregen zum 31. Dezember gekündigt und die Gärten später trotz des Widerspruchs der Mieter abgesperrt. Das sei verbotene Eigenmacht, befand das Amtsgericht Witten und gab dem Antrag der Mieter auf einstweilige Verfügung statt. Das Vorgehen ist bei der LEG leider kein Einzelfall. Die Mieter in Witten-Herbede und angehörigen sind empört, wie die LEG mit ihnen umgeht.

(ausführlicher Beitrag dazu in Arbeit)

 

Mieterhöhungen in Schweden  

In Schweden besitzt die Vonovia etwa 40,000 Wohnungen, die vor allem in stark renovierungsbedürftigen, verarmten  Randbezirken der Städte liegen. Die Vonovia verdient hier  an mietsteigernden Modernisierungen. Betroffen sind Mieter*innen, die es ohnehin schwer auf dem Wohnungsmarkt haben: Menschen mit niedrigem Einkommen und Migrationshintergrund.

Während die Vonovia bisher aber weitgehend direkten Konflikten mit Mieter*innen und Aktivisten mied, legte sie in diesem Jahr nach: In Schweden werden die Mieten jährlich mit den Mieterverbänden ausgehandelt. Normalerweise führt das zu Erhöhungen von etwa 1-2 Prozent (Modernisierungen nicht mitgerechnet). Dieses Jahr aber verlangten Vermieter*innen eine Erhöhung vom 10%. Sie erreichten eine Rekordhöhe von 5%. Aber auch das ist der Vonovia noch nicht genug. Gemeinsam mit anderen privaten Investoren fordert sie eine Wiederaufnahme der Verhandlungen. So etwa gab es seit über 20 Jahren nicht.

(ausführlicherer Beitrag dazu in Arbeit)