Vonovia und LEG Geschäftsberichte: Höhere Mieten für weniger Leistung

Am 11. März gab die LEG Immobilien SE starke Korrekturen am fiktiven Zeitwert ihrer Wohnungen bekannt. Am 15. März folgte die Vonovia SE. Laut ihrem Geschäftsbericht für 2023 muss der größte europäische Wohnungskonzern seinen Immobilienwert um 10,6 Mrd. Euro reduzieren. Das sind 14 Prozent des bisherigen Schätzwerts. Trotzdem malt der Konzern seine Zukunft in rosigen Farben. Die Manager versichern, die Hochzinsphase geschickt überbrücken zu können. Im Übrigen setzen sie auf weiter steigende Mieten und geringere Kosten.

„Wir haben in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie so hohe Wertreduktionen gesehen wie 2023“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch laut Medienberichten. Der Immobilien-Magnat glaubt aber, dass diese Talsohle bald durchschritten werden kann. Im zweiten Halbjahr 2023, so heißt es auch von der LEG,  sei der Abwertungstrend bereits abgeflaut. Die Konzernmanager hoffen, dass die Leitzinsen, deren Erhöhung der wichtigste Auslöser der verringerten Wertzuschreibungen war, bald wieder gesenkt werden. Bis dahin aber, da macht Buch zumindest vor Analysten keinen Hehl, müssen sich die Manager ganz schön anstrengen.

„Cash is King“

Durch die Immobilienabwertung ist die Verschuldungsquote der Vonovia von 45,1 % auf 47,3 % gestiegen. Das ist weit entfernt von der „Komfortzone“ (Buch), die man braucht, um wachsen zu können. Um irgendwann wieder dahin zu kommen, müssen Investitionen zurückgestellt werden. Nicht um Wertsteigerungen und zukünftige Gewinne geht es jetzt, sondern um schnelle flüssige Mittel, mit denen die in den vergangenen Jahren angehäuften Schulden abgebaut werden können. „Cash is King“, lautet der Slogan.

Das wichtigste Argument der Konzerne dafür, dass die Probleme gelöst werden können, sind die anhaltend steigenden Mieteinnahmen. Bei der LEG waren es im letzten Jahr 4 Prozent, bei der Vonovia 3,8 Prozent. 0,5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Die Wohnungsnot macht es möglich, diese Einnahmesteigerungen ohne Wertverbesserungen zu erzielen. Der Anteil der Mieterhöhungen nach Modernisierungen, in früheren Jahren der Mietentreiber Nummer 1, ist bei LEG und Vonovia stark rückläufig. Insgesamt sanken die Investitionen bei der Vonovia (Modernisierungen und Neubau) von 1,5 Mrd. Euro auf 726 Mrd. Euro.

Beide Konzerne kündigten weitere Mieterhöhungen an. Bei der Vonovia werden die aktuellen Mietspiegel systematisch nach den Mieterhöhungsmöglichkeiten der nächsten Jahren ausgewertet. Dabei wird auch berücksichtigt, wenn Mieterhöhungen aufgrund der Kappungsgrenzen erst in kommenden Jahren durchsetzbar sind. Die Konzerne holen sich, was sie kriegen können. Trotzdem behaupten sie, erschwingliche Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Nach Ansicht von Buch verfügt seine Mieterschaft über ein durchschnittliches Einkommen. Es handle sich meist nicht um Geringverdiener. Die Wohnungen der Vonovia seien entsprechend in einem guten Zustand, vor allem energetisch, erklärte er vor internationalen Analysten. Man könne sie nicht mit den Wohnungsbeständen anderer Investoren vergleichen, die zum Beispiel im Essener Norden Wohnungen anbieten würden.

Verkäufe sollen 2024 Fahrt aufnehmen

Abgesehen von den Mieterhöhungen im Bestand laufen alle Geschäfte deutlich schlechter als in den Vorjahren. Das gilt für den Neubau, der wegen dem Investitionsstopp radikal heruntergefahren wurde. Aber auch für die meist konzernintern abgerechneten Nebenleistungen (Value Add). Die eigentlichen Verkaufszahlen bleiben ebenfalls weit hinter den Planungen von vor zwei Jahren zurück.

Statt eine größere Anzahl Wohnungen mit Gewinn zu veräußern, konnte die Vonovia im Wesentlichen nur hochpreisige Neubauprojekte an CBRE verkaufen. Kleine Verkaufspakete an andere Investoren und Kommunen, zum Beispiel in Dresden, sollen sich nach Vonovia-Angaben für sie gelohnt haben. Von der Größenordnung her sind sie aber marginal. Große Deals wären nur mit Abschlägen vom Buchwert möglich. Und die will Vonovia nicht zulassen.

Um trotzdem die erforderliche Liquidität zu sichern, hat die Vonovia im Jahr 2023 ein weiteres Joint Venture mit dem Private Equity Investor Apollo eingehen müssen, diesmal in Schleswig-Holstein. Die Übertragung der Anteile an dem Portfolio führt dazu, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen an den Co-Investor fließt. Dies schmälert die Einnahmebasis der Vonovia. Buch will diese Art von Sharedeals nicht wiederholen, schließt andere „intelligente Lösungen“ jenseits vin einfachen Hausverkäufen aber nicht aus.

Im Jahr 2024 will Vonovia Immobilien im Wert von 3 Milliarden Euro veräußern. Dabei geht es um eher schlechte Wohnungen aus ihrem nicht-strategischen „Non Core“-Portfolio, die noch abzuwickelnden Neubauprojekte und die Gesundheitsimmobilien. Letztere hat Vonovia von der Deutsche Wohnen geerbt hat und will sie schon lange abstoßen. Die Vonovia hofft, etwa zwei Drittel der Gesundheitsimmobilien im Laufe des Jahres 2024 verkaufen zu können. Der Verkauf von Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäusern soll erst später Fahrt aufnehmen.

Neue Kennziffern

Die bisherigen Kennziffern der Konzerne, die auf dem Wachstum des operativen Geschäfts mit Wohnungen, Neubau und Dienstleistungen basierten, passen nicht mehr in die neue Zeit und werden ersetzt. Bei der LEG ist die zentrale Erfolgsziffer nun ein Kennwert, der Modernisierungsinvestitionen als Ausgaben wertet. Ein sogenannter AFFO (adjusted Funds from Operations). soll die tatsächliche Zahlungskraft besser abbilden als der bisherige FFO (Fund sfrom Operations). Es entfällt damit aber auch ein Anreiz zu Modernisierung, denn die Dividende fällt höher aus, wenn weniger investiert wird. Wie die Zahlen der LEG zeigen, kann das seinen Preis haben: Die Instandhaltungskosten, die bislang durch die Modernsierungen reduziert werden konnten, gehen nach oben. Ein Trend, der allerdings bei der Vonovia nicht zu beobachten ist. Hier gingen die Ausgaben für Instandsetzung um 16 % zurück.

Die Vonovia kündigt mit dem neuen Geschäftsbericht gleich zwei neuen Kennziffern an: Ein Gewinn vor Steuern (EBT) (den man nicht mit den negativen Zahlen in Gewinn- und Verlustrechnung verwechseln dafrf. Und der „Operating Free Cashflow“ als „zentrale Steuerungskennzahl für Liquidität“. Wie bei der LEG geht es auch hier darum, genauer als bisher die aktuelle Zahlungsfähigkeit wiederzugeben, vor allem um zu ermitteln, in welcher Höhe Dividendenausschüttungen möglich sind.

Dividende und Schuldendienst zu Lasten der Mieter

Beide Konzernführungen haben sich dazu entscheiden, die Ausschüttungen zu erhöhen. Der Vonovia-Vorstand schlägt vor, die Dividende von 80 auf 90 Cent pro Aktie anzuheben. Auf Dauer sollen 50 % des EBT an die Anteileigner gehen. Die LEG, die im letzten Jahr auf eine Dividende verzichtete, soll nach dem Vorschlag des Vorstandes nun 2,45 Euro pro Aktie zahlen.

In der Öffentlichkeit steht diese Dividendenpolitik in einem schwer vermittelbaren Kontrast zu den hohen Bewertungsverlusten und negativen Periodenergebnissen. Es wird wahrgenommen, dass die Dividendenzahlungen nicht auf irgendwelchen fiktiven Wertzuwächsen beruhen, sondern auf den realen Zahlungen der Mieterinnen und Mieter. Die erhalten jetzt für höhere Mieten noch weniger Leistungen.

Das ist die zentrale Botschaft der Wohnungskonzerne an ihre KundInnen: MieterInnen müssen sowohl die Dividenden als auch die Umschuldungen und Krisenstrategien der finanzialisierten Wohnungskonzerne bezahlen.

Ergänzungen und Updates folgen